Digitalisierung: Vernetzung ist alles

Dr. Manfred Alflen, Vorstandsvorsitzender der Aareon AG, blickt in die Zukunft der Wohnungswirtschaft.

Digitales Wohnen, Wohnungsvermietung 4.0 oder mobile Mieter-Services – das sind nur einige der Trends, die auch laut Zukunftsstudie „Wohntrends 2035“ des GdW über kurz oder lang immer mehr Realität werden. Das unterstreicht: Die Immobilienwirtschaft ist in Bewegung. So ist die Digitalisierung auch das zentrale Thema auf zahlreichen Veranstaltungen und in den Medien. Gleichzeitig nimmt das Angebot an digitalen Lösungen weiter zu und wird immer komplexer.

Und wie sieht es aufseiten der Mieter aus? Rund 90 % der Deutschen sind online und das sind inzwischen auch fast alle Mietergruppen – vor allem die, die sich in der Ausbildung befinden oder eine Familie gründen und daher oft umziehen. Für diese Gruppen ist die digitale Kommunikation quasi selbstverständlich. So wird zum Beispiel eine neue Wohnung am liebsten abends und am Wochenende – natürlich online – gesucht. Darüber hinaus geht es zunehmend darum, einen passenden Mieter zu finden, das heißt Wohnungssuchenden die geeignete Wohnung anzubieten. Dies vereinfacht den Prozess für beide Seiten. Ein durchgängig digitaler Vermietungsprozess, in dem die digitalen Lösungen nahtlos ineinandergreifen und in das ERP-System integriert sind, bringt hier langfristige Vorteile und vermeidet häufigen Mieterwechsel.

Mehr Mieter-Service

Aber nicht nur der Vermietungsprozess wird digital. Ein vielfach diskutiertes Thema sind Services für Mieter – beispielsweise direkt integriert in eine Mieter-App. Diese reichen von Selfservices für Mieter, wie der Zugriff auf Verträge, die mögliche Änderung der eigenen personenbezogenen Daten über Informationen des Wohnungsunternehmens zu Veranstaltungen und zum Quartier bis hin zu einem möglichen Angebot an zusätzlichen Dienstleistungen. Hierzu können Reinigungsangebote, Handwerkerservices, Versicherungen oder auch Lebensmittellieferungen zählen. Mieterportale und   -Apps werden immer mehr nachgefragt und von Wohnungsunternehmen eingesetzt. Diese Plattform für weitere zusätzliche Angebote zu nutzen, von denen Mieter und Vermieter profitieren, ist der nächste logische Schritt.

Vernetzt und intelligent

Fakt ist: Künftig werden nicht nur Mieter und Vermieter stärker digital miteinander kommunizieren. Auch Elemente der Wohnung, ganze Gebäude und gar Städte werden intelligent zu Smart Homes und Smart Cities vernetzt. Eine digitale Wärme- und Wasserverbrauchserfassung über intelligente Zähler oder das Fernsteuern von Beleuchtungssystemen und Heizungsanlagen ist bereits heute möglich und die vorausschauende Wartung, beispielsweise von Aufzügen, ist auf dem Vormarsch und kann die Wartungskosten deutlich reduzieren.

Weichen stellen

Alle diese und viele weitere Trends sollte die Wohnungswirtschaft im Blick haben. Deshalb ist es umso wichtiger, dass sich Unternehmen schon heute für die Zukunft aufstellen und in diese investieren. Eine eigene Digitalstrategie – abhängig von Unternehmensstrategie, Kunden, Größe etc. – ist Pflicht. Aber es ist auch klar: Trends gibt es viele. Alle auf einmal aufzugreifen, wird nicht gelingen. Muss es auch nicht, aber wachsam zu sein, relevante Themenfelder zu identifizieren und zu priorisieren, ist in Zeiten des rasanten digitalen Wandels essenziell.

Warum? Die Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Sie schafft echte Mehrwerte für das Wohnungsunternehmen, seine Mieter und Mitarbeiter sowie Geschäftspartner durch einfachere, automatisierte Prozesse und mehr Transparenz. Kosten können langfristig reduziert und neue Umsatzpotenziale geschaffen werden. Aber auch gesellschaftlich kann die Digitalisierung einiges unterstützen. Sie kann die Energienutzung effizienter machen oder älteren Menschen – gerade in Zeiten des demografischen Wandels –   helfen, dank guter Services länger in ihren eigenen vier Wänden leben zu können.

Noch steht die Wohnungswirtschaft verhältnismäßig am Anfang und viele Wohnungsunternehmen sind in der „digitalen Orientierungsphase“. Aber das wird sich rasch ändern. Die Frage ist also nicht mehr, ob Wohnungsunternehmen digital werden. Die Frage ist, wie schnell sie diesen Prozess in Angriff nehmen. 

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