Bleibt der Stabilitätsanker stabil?

Der ehrenamtliche BFW-Präsident Andreas Ibel spricht Klartext. Diesmal geht es um die Immobilienwirtschaft in der Corona-Krise.

Die Corona-Infektionszahlen scheinen laut Bundesregierung – Stand heute – glücklicherweise unter Kontrolle. Ein Blick in die Tagespresse zeigt aber: Die deutsche Volkswirtschaft ist von den Pandemie-Folgen schwer getroffen. Zehn Millionen Arbeitnehmern in Kurzarbeit, zwei Millionen Anträgen auf Soforthilfe, Stellenabbau bei jedem zweiten Gastronomie- und Hotelbetrieb – die Liste lässt sich fast endlos fortsetzen.

Als zweitgrößte Branche nach dem verarbeitenden Gewerbe ist die Immobilienwirtschaft Rückgrat und Stabilitätsanker unserer Wirtschaft. Deshalb spielen die Immobilienunternehmen eine Schlüsselrolle dabei, die Konjunktur nach dem Lock-Down wieder anzukurbeln.

Aber bleibt die Immobilienwirtschaft als Stabilitätsanker auch in Krisenzeiten stabil? Dazu haben wir die Bauträger in unserem Verband befragt  - denn die stemmen 50 % des Wohnungs- und 30% des Gewerbeneubaus in Deutschland.

Unsere Umfrage offenbart: Der Geschäftsbetrieb von 80 Prozent der befragten Bauträger ist durch die Corona-Krise beeinträchtigt. Neben der Vermarktung und der Organisation der Baustellen ist die Planung und Genehmigung neuer Projekte dabei das größte Problem. So berichten vier Fünftel der Bauträger, dass sich die Erteilung von Baugenehmigungen, die Schaffung

von Planungsrecht und die Bauleitplanung auf kommunaler Ebene stark verzögern. Wohlgemerkt: Die langen Planungs- und Genehmigungsverfahren waren bereits vor der Pandemie eine der größten Hürden für den Neubau!

Entsprechend verhalten äußern sich die Bauträger beim Blick in die Zukunft: So gehen rund 60 Prozent davon aus, dass die Anzahl der beantragten Baugenehmigungen in diesem Jahr sinken wird. Über siebzig  Prozent der Befragten rechnen damit, dass sich geplante Baubeginne um mehrere Monate verschieben werden. Laut 63 Prozent wird sich die Fertigstellung von Projekten um mehrere Monate verzögern.

Die Folge: Drei Viertel der Bauträger rechnen mit sinkenden Umsätzen durch die Pandemie. 28 Prozent geben an, dass ihr Umsatz voraussichtlich um mehr als zwanzig Prozent zurück gehen wird. Klar ist also: Auch die mittelständische Immobilienwirtschaft wird durch die Krise schwer getroffen!

 Umso bemerkenswerter ist es, dass nur etwa jedes zehnte Unternehmen staatliche Hilfen in Anspruch nimmt. Nicht einmal jedes fünfte Unternehmen schickt Mitarbeitende in Kurzarbeit. Die mittelständische Immobilienwirtschaft hat bislang lediglich staatliche Hilfen für Mieter und Kunden, nicht aber für die Unternehmen gefordert. So geht Verantwortung  – auch in der Krise!

Trotzdem ist klar: Es gibt dringenden Handlungsbedarf. Denn jetzt müssen die Voraussetzungen geschaffen werden, damit die Immobilienwirtschaft ihren Beitrag leisten und die Konjunktur nach der Krise wieder ankurbeln kann. Dabei gilt es zum einen, die Verfahren auf kommunaler Ebene weiter zu vereinfachen, zu beschleunigen und zu digitalisieren – sonst wird sich Wohnungsknappheit weiter verschärfen. Zum anderen bedarf es konkreter Maßnahmen, um einen vitalen Einzelhandel und eine lebendige Gastronomie sicherzustellen. Sonst drohen neben den wirtschaftlichen Auswirkungen auch negative Entwicklungen für unsere Innenstädte und unser gesellschaftliches und kulturelles Leben!

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