Zukunft Altbau: Baden-Württembergs erster Sanierungssprint

Zukunft Altbau: Klimaneutral wohnen in weniger als 22 Werktagen

Das Sanieren eines Altbaus dauert oft mehrere Monate. Das hält viele Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer davon ab, eine Modernisierung anzugehen. Hinzu kommt, dass die Baukosten häufig höher ausfallen als ursprünglich gedacht.

Das noch ungedämmte Gebäude mit bereits demontierten Fenstern.

Foto: Darius Heller / Zukunft Altbau

Das noch ungedämmte Gebäude mit bereits demontierten Fenstern.
Foto: Darius Heller / Zukunft Altbau
Das Konzept des Sanierungssprints will hier Abhilfe schaffen: Es soll eine energetische Sanierung in maximal 22 Werktagen mit standardisiertem Verfahren ermöglichen und das zu einem festen Preis. Gerade erfolgreich abgeschlossen wurde der erste Sanierungssprint Baden-Württembergs: Initiiert von Projektleiter Darius Heller haben Fachleute eine Doppelhaushälfte in Esslingen-Berkheim aus dem Jahr 1966 sogar innerhalb von 21 Werktagen energetisch saniert. Das vom Umweltministerium Baden-Württemberg geförderte Informationsprogramm Zukunft Altbau wird das Konzept künftig im Südwesten weiter verbreiten und begleiten.

Die teilweise gedämmte Außenfassade.
Foto: Darius Heller / Zukunft Altbau

Die teilweise gedämmte Außenfassade.
Foto: Darius Heller / Zukunft Altbau
Gute Planung ist das A und O eines erfolgreichen Sanierungssprints. „Nur wenn alle auf der Baustelle tätigen Gewerke gut aufeinander abgestimmt arbeiten, gelingt der Sprint und die Sanierung wird nicht zur Dauerbaustelle“, sagt Frank Hettler von Zukunft Altbau. „Sanierungssprints haben ein großes Potenzial, die Sanierungsdauer in Deutschland zu verkürzen. Wir wollen zeigen, dass es möglich ist, die Sanierung von Ein- und Zweifamilienhäusern massiv zu beschleunigen.“ Dadurch wären auch mehr Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer bereit, ihr Haus umfassend energetisch sanieren zu lassen.

Projektleiter des Esslinger Sanierungssprints ist Darius Heller. Der Mitarbeiter am Institut für Baubetriebslehre an der Uni Stuttgart ist Initiator des Projektes südöstlich von Stuttgart und begleitet das Projekt auch wissenschaftlich. Eine weitere zentrale Aufgabe in dem Projekt hat Bauleiter Matthias Stöffler, der die Baustelle koordiniert. Er hat den Taktplan im Blick, das Herzstück des Sanierungssprints. Darin werden alle Arbeiten unterschiedlichen Handwerkerinnen und Handwerker halbtagesgenau koordiniert, jede Aufgabe erhält ein konkretes Zeitfenster, standardmäßig arbeiten die Handwerker mehrerer Gewerke parallel.

Altbau aus den sechziger Jahren: Vorher – Nachher

Das neu gedeckte Dach vor der Installation der Photovoltaikanlage.
Foto: Darius Heller / Zukunft Altbau

Das neu gedeckte Dach vor der Installation der Photovoltaikanlage.
Foto: Darius Heller / Zukunft Altbau
So hat es auch im Haus von Jana Deurer und Dominic Oppen in Esslingen-Berkheim funktioniert. Die Doppelhaushälfte aus dem Jahr 1966 verfügt über eine Wohnfläche von 115 Quadratmetern. Bislang lag der rechnerische Energiebedarf bei 364 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr. Geheizt wurde mit Öl, eine Dämmung existierte nicht. Aus diesem Altbau sollte nun dank des Sanierungssprints ein KfW-Effizienzhaus 55 werden. Eine enorme Herausforderung, geht man davon aus, dass die komplette Gebäudehülle angepackt werden muss, um den Energieverbrauch so drastisch zu senken.

Geplant wurden folgende Maßnahmen:

• Eine Wärmedämmung der Außenwände, des Dachs und der Kellerdecke

• Die Erneuerung aller Fenster und der Außentüren

• Der Einbau einer Luft-Wasser-Wärmepumpe mit fünf Kilowatt Leistung

• Die Installation einer wasserdurchströmten Deckenheizung

• Eine Photovoltaikanlage mit einer installierten Leistung von 10,2 Kilowatt peak

Das fertig sanierte Haus – unten links sieht man die Wärmepumpe.
Foto: Darius Heller / Zukunft Altbau

Das fertig sanierte Haus – unten links sieht man die Wärmepumpe.
Foto: Darius Heller / Zukunft Altbau
Nach der Sanierung soll der Energieverbrauch des ehemaligen „Worst Performing Buildings“ bei nur noch 42 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr liegen – elf Prozent des vorherigen Verbrauchs. Als Worst Performing Building bezeichnet man Gebäude, die hinsichtlich des energetischen Sanierungs¬zustands zu den schlechtesten 25 Prozent in Deutschland gehören. Für die Sanierung eines solchen Gebäudes hin zu einem Effizienzhaus erhalten Eigentümerinnen und Eigentümer einen Extra-Zuschuss von zehn Prozent von der Förderbank KfW.

Bereits über Plan nach Woche eins

Bauherrin und Hauseigentümerin Jana Deurer war von Beginn an zuversichtlich: „Schon nach der ersten Woche gab es konkrete Fortschritte. Das Dach war nach fünf Tagen vollständig gedämmt, die Fenster eingebaut und abgedichtet.“ Und auch ihr Mann Dominic Oppen blickt positiv auf das Projekt: „Wir waren begeistert von der Stimmung auf der Baustelle, vor allem von der guten Zusammenarbeit der Gewerke“, sagt der Bauherr.

Für Projektleiter Darius Heller war es von großer Bedeutung, die Kommunikation zwischen den verschiedenen Handwerkerinnen und Handwerkern auf der Baustelle zu fördern. „Der Austausch untereinander ist besonders wichtig bei solch einer durchgetakteten Baustelle“, sagt der Doktorand. Vor allem das tägliche gemeinsame Mittagessen aller Beteiligten auf der Baustelle sei von großer Bedeutung für das Gelingen des Sanierungssprints gewesen, betont Heller. Die Stimmung zwischen den Mitarbeitern der tätigen Firmen sei gut gewesen und ein nicht zu unterschätzender Teil der Kommunikation zum jeweiligen Stand der Arbeiten fand informell während der gemeinsamen Mahlzeiten statt.

Projekt blieb im Zeitplan

Das Projekt war ein voller Erfolg: Dank einer hohen Motivation aller Bauschaffenden, einer guten Organisation und passend aufeinander abgestimmten Arbeitsschritten wurde aus dem ungedämmten Bestandsbau ein KfW-Effizienzhaus 55. Die Vorgaben und alle umzusetzenden Maßnahmen, Zeitplan sowie Kosten wurden im Rahmen der Planung eingehalten. Die sorgfältige Planung im Vorfeld garantiert zudem eine gute Qualität der Bauausführung – davon profitieren die Hauseigentümer enorm.

Auch für die teilnehmenden Handwerksbetriebe bietet ein Sanierungssprint einige Vorteile – neben der hohen Zufriedenheit der Hauseigentümer ein effizientes und kooperatives Arbeiten auf der Baustelle, eine schnelle Lösung eventuell auftretender Schwierigkeiten sowie eine reibungslosere Zahlungsabwicklung. Auch das macht den Sanierungssprint zum vielversprechenden Konzept mit Zukunftspotenzial.

Vorgehensweise soll in Baden-Württemberg adaptiert und etabliert werden

Bislang wurde das Konzept des Sanierungssprints bei fünf Gebäuden in Deutschland umgesetzt. Ziel ist es, die Produktivität der Arbeiten auf einer Modernisierungsbaustelle zu erhöhen und die Sanierungsdauer dadurch deutlich zu verkürzen. Viele unproduktive Fahrten zur Baustelle können entfallen. Möglich wurde der Sprint, indem Planungs- und Bauprozesse optimiert wurden und alle beteiligten Gewerke nicht nacheinander, sondern parallel und in engem Austausch miteinander arbeiten.

Nach dem Erfolg von Esslingen plant Projektleiter Darius Heller weitere Sanierungssprints in Baden-Württemberg. Zukunft Altbau wird das Konzept gemeinsam mit den regionalen Energie- und Klimaschutzagenturen weiter in die Breite tragen: „Ziel ist es, mit Sanierungssprints Hauseigentümerinnen und Hauseigentümern im Südwesten ein attraktives Sanierungskonzept anbieten zu können“, sagt Frank Hettler von Zukunft Altbau. „Auch die Fachleute haben etwas davon, da sie effizienter arbeiten. Handwerk und Planende können so gemeinsam mehr und besser sanieren.“

Fragen beantwortet das Team von Zukunft Altbau kostenfrei am Beratungstelefon unter 08000 123333 (Montag bis Freitag von 9 bis 13 Uhr) oder per E-Mail,

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