Mit dem Förderprogramm „Effizienzhaus Plus“ erforscht das BMUB die Häuser der Zukunft

Wohnen im Kraftwerk

Mit dem Förderprogramm „Effizienzhaus Plus“ erforscht das BMUB die Häuser der Zukunft.

Aktuell vollzieht sich ein Paradigmenwechsel im Bauwesen: Das Gebäude der Zukunft wird in der Bilanz kein Energieverbraucher mehr sein; es wird zum Kraftwerk und produziert sogar Energieüberschüsse.

Den Start für diesen Gebäudegenerationswechsel setzt das erste Bundesmodellvorhaben Effizienzhaus Plus mit Elektromobilität des BMUB seit 2011 in Berlin. Das Gebäude ist ein viel beachtetes Modellvorhaben im Effizienzhaus Plus Standard, dass als An­­­schauungs-, Informations- und Wohngebäude intensiv öffentlich von Wissenschaft und Medien begleitet wird. In der ersten Messperiode mit einer Testfamilie in 2012/2013 lag das Energie-Plus bei über 900 kWh, war aber wetterbedingt noch niedriger als erwartet. Ab Mai 2014 wird eine zweite Familie das zwischenzeitlich geringfügig weiter entwickelte Haus im Bereich der Wärmepumpe und Raumaufteilung für ein Jahr einem weiteren Praxistest unterziehen.

Weitere Modellprojekte

Das Berliner Haus ist nicht das einzige Modellvorhaben mit dem Ziel der Erreichung eines Effizienzhaus Plus-Standards. Im Rahmen der Forschungsinitiative „Zukunft Bau“ des BMUB werden bundesweit 32 Wohngebäude in einem Netzwerk „Effizienzhaus Plus-Standard im Wohngebäude“ gefördert. Vorgabe für jedes dieser Häuser ist: Bei der Jahres-Primär- und Endenergiebilanz muss ein Überschuss erwirtschaftet werden. Weiter soll ein hoher Eigennutzungsgrad der erzeugten Energie erreicht werden, wozu bei mehreren Projekten Hausbatterien und Ladestationen für Elektrofahrzeuge zum Einsatz kommen. Alle Modellprojekte werden über zwei Jahre technisch und sozialwissenschaftlich begleitet. Das Förderprogramm ist technologieoffen, die Vielfalt der Haustypen und –konzepte sowie der Bauherren ist groß: vom modernen Eigenheim bis zum Eigenheim mit klassischem Satteldach vom Mehrfamilienhaus auf der grünen Wiese bis zum Mehrfamilienhaus in der Innenstadt, in Leicht- oder Massivbauweise mit privaten Bauherren oder mit Fertighausfirmen. Diverse Technogien wie z. B.verschiedene Photovoltaikanlagen, Wärmepumpen, Hausbatterien, thermische Solaranlagen und Speicher, Touch-Panels zur Kontrolle des Eigenverbrauches sowie Elektroautos kommen zum Einsatz.

Fokus auf den Bestand legen

Bezogen auf die Energie-Einsparpotenziale im Gebäudebereich stellen Bestandsgebäude die größte Herausforderung dar. Vor diesem Hintergrund wurde auch ein außergewöhnliches Sanierungsprojekt im sozialen Wohnungsbau der NUWOG in Neu-Ulm in das Netzwerk Effizienzhaus Plus aufgenommen. Zwei Häuserzeilen aus den 30er Jahren mit einem Endenergiebedarf von über 500 kWh/m2a sollen auf Effizienzhaus Plus-Standard modernisiert werden. Die Fertigstellung ist für Frühsommer 2014 geplant.

Erfahrungen und Ausblick

Mittlerweile verfügt das Netzwerk Effizienzhaus Plus über 20 fertiggestellte Modellvorhaben, die mit ihren Messergebnissen öffentlich darstellen sollen, dass Energie-Plus zuverlässig, nachhaltig und mit überschaubaren Mehrkosten erreichbar ist.

Erste Auswertungen zeigen bisher, dass ein Energie-Plus in fast allen Projekten erreicht wird. Dabei erweisen sich das Zusammenspiel von integraler Planung, eine gut ge­­dämmte und luftdichte Gebäudehülle (in etwa KfW-40 oder -55-Standard), der Einsatz moderner Haustechnik und die sinnvolle Nutzung erneuerbarer Energien als Grundvoraussetzung für das Erreichen eines Effizienzhaus Plus Standards.

Erste Forschungsergebnisse an den Modellvorhaben im Effizienzhaus Plus Standard belegen, dass diese neue Gebäudegeneration eine wärmebrückenfreie Gebäudehülle mit einem im Mittel um 30 bis 40% höheren Wärmeschutz als nach Energieeinsparverordnung erfordert.  Alle herkömmlichen Wandbildner haben dafür Produkte. Selbst das monolithische Mauerwerk kann solche energetischen Qualitäten bereitstellen.

Energiegewinnende Systeme

Der Einbau Energiegewinnender Systeme steht auf der Tagesordnung. Solarthermie, Photovoltaik aber auch Biomasse in verschiedener Form und mit verschiedenen Technologien müssen in die Struktur und Architektur von Gebäuden eingebunden werden. Die „Einbettung“ von Technik in die Architektur ist eines der größten Herausforderungen, die in den nächsten Jahren gemeistert werden muss. Verschiedene Projekte agieren hier bereits erfolgversprechend. Die Wärmeerzeugung im Gebäude durch Elektro-Wärmepumpen dominiert sehr stark. Im Bezug auf deren Effizienz gibt es ausgezeichnete aber auch noch verbesserungswürdige Beispiele.

Neu ist auch, dass Gebäude, die Energie erzeugen, diese Energie auch managen müssen. Ziel muss es sein, eine besonders hohe Eigennutzung zu erzielen. Darüber hinaus muss die Vernetzung im Quartier und zur Mobilität möglich gemacht werden. Vernetztes Denken und intelligente Netze sind notwendig. Dabei spielen Speicher in Gebäuden (elektrisch und thermisch) eine zunehmende Rolle. Allerdings fehlt es weiterhin an einer wirtschaftlichen Hausbatterie zur  Stromspeicherung im Ein- bis Zweifamilienhausbereich. Hier sind aber in den nächsten ein/zwei Jahren Verbesserungen zu erwarten.

Mit jedem neuen Modellprojekt wird bewiesen, dass Häuser mehr Energie erzeugen können als sie verbrauchen und dass das dafür notwendige Know-how, Materialien und Techniken ihre Marktreife erlangt haben. Im nächste Schritt gilt es, die Anwendung des Effizienzhaus-Plus-Standards in die Breite zu tragen: Von Neubauten zu Sanierungsvorhaben, von Wohnungs- zu Bildungs- und Gewerbegebäuden, vom Gebäude zum Quartier zur Stadt.

Weitere Informationen gibt es unter

www.bmvi.de/Effizienzhaus-Plus

Laurenz Hermann, Informationsstelle Effizienzhaus Plus bei der Berliner Energieagentur
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