Auf eine bezahlbare Umsetzung kommt es an!

„Moment mal!“: Die Bundes­arbeits­­gemeinschaft Immo­bilien­wirtschaft Deutschland (BID) bezieht Stellung. Diesmal geht es um die EU-Klimaziele.

Nach langen Verhandlungen ist die europäische Gebäuderichtlinie EPBD beschlossene Sache. Das Ergebnis des sogenannten Trilogs der europäischen Institutionen zur EPBD, das bereits im vergangenen Jahr getroffen wurde, stellt zunächst einen annehmbaren Kompromiss dar – allerdings nur, wenn bei der Umsetzung auf nationaler Ebene eine verlässliche und auskömmliche Unterstützung von Vermietern und Mietern bei der Erreichung des Ziels der Klimaneutralität in Deutschland bis 2045 einhergeht. Denn angesichts der sehr ambitionierten Ziele bei gleichzeitigen Kostensteigerungen in fast allen Bereichen und vielen weiteren Herausforderungen, wie dem altersgerechten Umbau und dem nötigen Wohnungsneubau, geht bezahlbares Wohnen nicht ohne angemessene staatliche Unterstützung.

Zu begrüßen ist im EPBD-Kompromiss die Einigung der Gesetzgeber darauf, die Mindestenergieeffizienzanforderungen nicht auf Wohngebäude anzuwenden, die Energieausweise nicht auf europäischer Ebene zu harmonisieren, den Ausbau der Solarenergie an die technische und wirtschaftliche Realisierbarkeit zu koppeln sowie durch den Quartiersansatz Kommunen und Wohnungsunternehmen die Flexibilität einzuräumen, die Klimaziele zu erreichen.

Allerdings ist die generelle europäische Stoßrichtung in der Klimapolitik zu kritisieren: Europa verfolgt die immergleiche Strategie weiter, die zunehmend weniger erfolgreich ist: die Vorgabe von sehr hohen Energieeffizienzzielen und sehr geringem Energie-Restverbrauch von Gebäuden, der erneuerbar gedeckt werden soll. Für diese Strategie reichen die Ressourcen nicht – weder an Eigenkapital der Wohnungsunternehmen und Vermieter noch an Planern und Ausführenden. Auch die Bezahlbarkeit durch die Mieter ist nicht gegeben und staatliche Zuschüsse werden in einer für ein Effizienzszenario nötigen Höhe nicht vorhanden sein. Wir brauchen einen neuen Zugang zur Klimaneutralität, der das Zusammenspiel von erneuerbarer Energie und mindestens nötiger Effizienz neu regelt. Das leistet die EPBD nicht.

Dies untermauert auch die neue Studie „Mehrkosteneffizienz alternativer Zero Emission Building (ZEB) Definitionen“ von Prof. Dr. Nikolas Müller von der EBS Universität in Oestrich-Winkel. Er belegt, dass es für den Gesamterfolg von Klimaschutzmaßnahmen im Wohngebäudebereich zuallererst darauf ankommt, dass flächendeckend Maßnahmen mit dem besten Kosten-Nutzen-Verhältnis ermöglicht werden. Die Ergebnisse der Studie sind ein Resultat einfacher mathematischer Berechnungen und sie liefern eine folgelogische Antwort: Die Grenzkosten der Energieeinsparung im Gebäudebestand sind längst überschritten, flächendeckende Vollsanierungen führen für Eigentümer wie für Mieter zu zusätzlichen Kosten. Mit anderen Worten: Hohe Standards bergen schlicht die Gefahr, dass auch weiterhin kaum Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden – in Folge blieben dann sowohl energetischen Effizienzsteigerungen als auch der Klimaschutz auf der Strecke.

Der entscheidende und letztlich bezahlbare Hebel liegt in der klimaneutralen Versorgung der Gebäude mit erneuerbarer Energie, nicht in immer teureren Sanierungen mit immer geringerem Einspareffekt. Das muss sich endlich in der Klimapolitik niederschlagen. Denn Effizienz kann lediglich Unterstützung bei der Erreichung der Klimaziele leisten, sie darf aber nicht das Ziel an sich sein. „Efficiency first“ heißt nicht maximale Energieeffizienz. Efficiency first bedeutet, für Gebäude und im Rahmen einer Quartiersversorgung abzuklären, welche Kombination von Energieverbrauch und Erneuerbarer Energie betriebswirtschaftlich kostenoptimal umsetzbar ist.

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