Starkregen-Gefahr: Risiko-Karten für Städte und Gemeinden gefordert

Wachsendes Regen-Risiko: Immer häufiger werden nach einem Starkregen Sturzfluten über Deutschland hereinbrechen. Ein entscheidender Grund dafür ist der Klimawandel. Die Folgen sind fatal: milliardenschwere Schäden und sogar der Verlust von Menschenleben.

Überschwemmungen, in Minutenschnelle geflutete Straßen, Unterführungen, Keller, Tiefgaragen und U-Bahnschächte – kaum eine Stadt oder Gemeinde ist darauf wirklich vorbereitet. Zu diesem Ergebnis kommt eine Starkregen-Studie, in der Prof. Dr.-Ing. F. Wolfgang Günthert vom Institut für Wasserwesen der Universität der Bundeswehr in München die Risiken und Gefahren von urbanen Sturzfluten untersucht hat. „Starkregen ist enorm gefährlich. Es gibt keine tagelange Vorwarnung wie etwa beim Hochwasser von Flüssen. Die Flut kommt quasi von oben – ohne Deich, ohne Schutz“, sagt Günthert.

„Allerdings blenden die meisten Kommunen die Gefahren, die hinter dem wachsenden Starkregen-Risiko stecken, einfach aus. Das ist fahrlässig“, so Günthert. Der Studienautor geht noch weiter: „Die Kommunen müssen zu mehr Prävention gezwungen werden.“ Bund und Länder sollten die Städte und Gemeinden bei ihrem Kampf gegen den Starkregenschutz zwar unterstützen, sie gleichzeitig aber auch in die Pflicht nehmen.

Konkret fordert Günthert, dass Städte und Gemeinden dazu verpflichtet werden, künftig Gefahren- und Risikokarten zu erstellen. Die Topografie mit lokalen Grünflächen und dem Gefälle, die Meteorologie, die Kapazität von Kanalsystemen … – Warnkarten entstehen aus einer Fülle von Daten, erklärt Prof. Günthert.

„Auf diesen Risikokarten muss Straße für Straße – bis aufs einzelne Haus genau – die Überschwemmungsgefahr eingetragen werden. Es geht darum, mit der Starkregen-Risikokarte die Wirkung von Sturzfluten digital zu simulieren“, so Prof. F. Wolfgang Günthert bei der Vorstellung der Studie „Starkregen – Urbane Sturzfluten 4.0“ am Montag auf der Weltleitmesse für Wasser und Abwasser, IFAT, in München.

Warnkarten bieten, so Studienautor Günthert, die Chance für ein effektives Regenwasser-Management, das bundesweit dringend notwendig sei. Städte könnten so „wassersensibel entwickelt“ werden. Dazu gehöre insbesondere das Transportieren, Reinigen, Speichern und Ableiten von Regenwasser. Die „Entwässerung der Zukunft“ für Wohnsiedlungen und Verkehrswege vermeide Engpässe im Kanalnetz. Sie schütze damit wesentlich besser vor Überschwemmungen.

Aber auch Hausbesitzer würden von Starkregen-Risikokarten profitieren. Sie könnten damit ganz individuell mehr Vorsorge und damit Gebäudeschutz betreiben – von der Dachbegrünung (zur Zurückhaltung und Verdunstung von Wasser) über Regenbecken und oberirdische Sammelflächen bis zur geschützten Bauvariante für Kellereingänge, Lichtschächte und Tiefgarageneinfahrten.

„Es kommt darauf an, gezielt die Schwachstellen beim Haus zu ermitteln und diese umzubauen. Das bietet sich übrigens nicht nur für die Starkregen-Hotspots an. Heftige Gewitter mit anschließenden Überschwemmungen werden mehr werden – und sie werden auch immer mehr Kommunen treffen“, so Günthert.

Auch ein bundesweit funktionierendes Frühwarn- und Informationssystem sei notwendig. „Es bringt nichts, viele Menschen weiter im Ungewissen zu lassen. Dafür ist die Gefahr, die vom Starkregen mittlerweile ausgeht, viel zu hoch. Und sie wird Jahr für Jahr größer“, sagt Studienverfasser Prof. Dr.-Ing. F. Wolfgang Günthert von der Universität der Bundeswehr in München.

Die Studie „Starkregen – Urbane Sturzfluten 4.0“ wurde von der Initiative „Verantwortung Wasser und Umwelt“ in Auftrag gegeben. Auf der IFAT in München sprach sich der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) angesichts der Studienergebnisse dafür aus, Hauseigentümer und Bauherren stärker beim individuellen Starkregenschutz ihrer Gebäude zu unterstützen: „Der Staat muss hier beim Neu- oder Umbau Anreize schaffen“, sagt BDB-Hauptgeschäftsführer Michael Hölker.

In Frage käme beispielsweise – neben steuerlichen Anreizen – die Einführung eines „Starkregen-Bauschutzprogrammes“ bei der staatlichen KfW-Bank. „Hier sind direkte Zuschüsse und zinsgünstige Kredite möglich. Alles ist unterm Strich auf Dauer günstiger als der enorme volkswirtschaftliche Schaden durch die vielen Überschwemmungen“, so Hölker.

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