Quo vadis, deutsches Steuerrecht? Berliner Steuerforum des BFW zeigt Perspektiven auf

Was muss die Politik jetzt anpacken, damit sich der steuerpolitische Reformstau auflöst? Mit welchen europarechtlichen Auswirkungen auf das deutsche Recht ist in den nächsten Jahren zu rechnen? Und wie können sich die mittelständischen Immobilienunternehmen optimal aufstellen? Rund sechzig Vertreter der Immobilienbranche diskutierten jetzt über diese und weitere Fragen mit hochrangigen Gästen aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung auf dem 36. Berliner Steuerforum des BFW.

In seiner Rede skizzierte BFW-Vizepräsident Dr. Christian Kube die steuerrechtliche Bilanz der großen Koalition und gab einen Ausblick auf die kommenden Jahre. „Gerade das Steuerrecht hätte sich angeboten, um der großen Koalition in der vergangenen Legislaturperiode einen „großen Wurf“ zu ermöglichen. Stattdessen wurde kein einziges steuerrechtliches Gesetzesvorhaben mit Mut, Entschlossenheit und Einigkeit zu Ende gebracht“, resümierte Kube. „Die Herausforderungen für die laufende Legislaturperiode sind demnach immens. Durch die US-Steuerreform wird der Steuerwettbewerb im Übrigen deutlich größer.“

Kube dankte dem scheidenden Vorsitzenden des Arbeitskreises Steuern, Werner Verdenhalven, für sein langjähriges Engagement und würdigte ihn als Vordenker und Moderator der steuerrechtlichen Verbandsarbeit im BFW. Dem Arbeitskreis Steuern wird künftig Dr. Christian Birkholz vorstehen.

In seinem Festvortrag für Werner Verdenhalven stellte Dr. Birkholz die Europatauglichkeit des deutschen Steuerrechts auf den Prüfstand. Dabei legte er das Augenmerk insbesondere auf aktuelle beihilferechtliche Fragestellungen. Birkholz kam in seinem Vortrag zu dem Ergebnis, dass das EU-Recht mittelfristig zu deutlichen Umbrüchen im deutschen Steuerrecht und damit auch für die Immobilienwirtschaft führen kann. Dies muss der deutsche Gesetzgeber künftig stärker als bisher beachten. Wie aktuelle Verfahren sowohl in Deutschland als auch in anderen Mitgliedstaaten zeigen, können mögliche EU-widrige Regelungen die Steuerpflichtigen stark benachteiligen, falls sie von der Europäischen Kommission aufgegriffen werden.

Als weiteres hochaktuelles Thema stand die politische Diskussion zur Reform der Grunderwerbssteuer auf der Agenda des Steuerforums. Lutz Lienenkämper, Minister der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen, erläuterte den aktuellen Stand. „Wir haben als nordrhein-westfälische Landesregierung bereits im September unseren Entschließungsantrag zu diesem Thema in den Bundesrat eingebracht und hoffen darauf, dass die neue Bundesregierung nun zeitnah einen Gesetzesentwurf für einen Freibetrag vorlegt“, erläuterte Lienenkämper, „wer sich auf Bundesebene ernsthaft um die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in Deutschland sorgt, der kommt kaum an wirksamen Anreizen für mehr bezahlbares Wohnen und mehr Eigentumserwerb vorbei. Der Bund muss sich deshalb selbstverständlich an den für die Länder zu erwartenden finanziellen Ausfällen angemessen beteiligen. Dies wäre ein äußerst sinnvoller Beitrag zur allgemeinen steuerlichen Entlastung und zum nachhaltigen Wohlstand in ganz Deutschland.“

In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass adäquate steuerrechtliche Rahmenbedingungen für die Schaffung von ausreichend bezahlbarem Wohnraum unabdingbar sind. „Das steuerrechtliche Ziel der laufenden Legislaturperiode muss es daher insbesondere sein, Wohnungseigentumsförderung, Grundsteuer und lineare Abschreibung sozial und zugleich investitionsfördernd auszugestalten“, resümierte BFW-Vizepräsident Kube. „Die lineare Abschreibung sollte der der technischen Nutzungsdauer entsprechend auf mindestens drei Prozent angepasst werden. Die Grunderwerbsteuer muss endlich bundesweit auf ein investitionsfreundliches Niveau zurückgeführt werden. Und bei der Reform der Grundsteuer Mieter und Eigentümer nicht zusätzlich belastet werden.

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