Interview

„Wir erleichtern Planern das Leben“

Building Information Modeling (BIM) ist die wichtigste Methode zur Digitalisierung in der Baubranche. Um Planer bei Projekten zu unterstützen, hat Uponor (www.uponor.de) eine Plattform mit Werkzeugen und Services auf den Weg gebracht. Wir sprachen mit dem BIM-Experten des Unternehmens, Eugen Bischoff.

Was erwarten Planer im Allgemeinen von einer BIM-Plattform?

Eugen Bischoff: BIM ist ein hochkomplexer Ansatz, der viele verschiedene Dimensionen und Aspekte des Bauens sowie viele Experten aus allen wichtigen Gewerken in ein umfassendes virtuelles Modell einbezieht. Was Planer und alle anderen Projektbeteiligten brauchen, ist eine zuverlässige und leistungsfähige Software, die eine gewerkeübergreifende Zusammenarbeit ermöglicht. Wichtig sind zudem, dass die verwendeten Produkte als BIM-fähige Daten vorliegen, und dass Planer diese Daten in ihre Software integrieren können. Denn BIM bietet mehr als CAD oder andere Vorgänger-Technologien.

Planer zeichnen das Gebäude nicht einfach nur, sondern erstellen einen virtuellen Prototyp mit digitalen Kopien der realen Produkte. Das BIM-Modell zeigt bereits vor dem eigentlichen Bauprozess mögliche Einschränkungen bei der Konstruktion, der Installation und dem realen Betrieb auf. So sind beispielsweise Produkte auf den verschiedenen Märkten nicht in gleicher Weise verfügbar und unterscheiden sich in der ­Geometrie, dem Platzbedarf für die Installation oder Wartung sowie der Verpackungsgröße und der Gewährleistung. 

Folglich ist es sehr wichtig, dass sich diese Daten während des gesamten Produktlebenszyklus dynamisch ändern. Deshalb brauchen und erwarten Planer ein hohes Maß an Zuverlässigkeit, wenn es um BIM-Lösungen geht.

Wie wird die BIM-Plattform von Uponor diesen Erwartungen gerecht?

Eugen Bischoff: Wir hatten bei der Entwicklung der neuen Plattform genau diese Anforderungen im Blick. Das Ergebnis ist ein umfassendes, datengetriebenes System für Bau- und Infrastrukturprojekte, das auf Zuverlässigkeit, Individualisierung sowie Automatisierung setzt und seine Nutzer bestmöglich unterstützt. Die Plattform ist eine All-in-One-Lösung mit zwei Hauptkomponenten: der Bibliothek und den Werkzeugen. 

In der Bibliothek ist das gesamte Produktportfolio von Uponor in verschiedenen CAD- und BIM- Formaten wie Revit, IFC und DWG verfügbar, sodass Planer es in verschiedenen Softwarelösungen verwenden können. Die Plattform ist in ganz Europa verfügbar, die Inhalte variieren jedoch je Region. Das bedeutet, dass Planer jeweils ihre Sprache wählen und ein länderspezifisches Produktportfolio nutzen können. Die Produktdaten umfassen außer dem 3D-Modell auch Informationen wie technische Eigenschaften in verschiedenen Klassifizierungen. Unsere BIM-Plattform ist die einzige Datenquelle für alle BIM-Lösungen von Uponor und liefert stets aktuelle Informationen.

Sie sprechen von Individualisierung und Automatisierung. Wo kommen diese in der Plattform zum Tragen?

Eugen Bischoff: Was unsere Plattform zu einer der fortschrittlichsten auf dem Markt macht, sind die Werkzeuge und die datengesteuerte Automatisierung. Wir haben uns immer zum Ziel gesetzt, Planern das Leben zu erleichtern, wenn es darum geht, große Bau- oder Infrastrukturprojekte in Angriff zu nehmen: Der Einsatz zweier Plug-ins zum Beispiel automatisiert den Planungsprozess in Revit, der meistgenutzten BIM-Software, erheblich. 

Mit dem ersten Plug-in können Anwender die Produktbibliothek in Revit integrieren und sofort mit dem Modellieren beginnen. Sie müssen nicht erst aus einem Katalog geeignete Rohre und Formstücke auswählen, da die Plattform dies übernimmt. Mit dem zweiten Plug-in lassen sich komplette Fußbodenheizungen, basierend auf der Europäischen Norm EN1264, direkt in Revit realisieren.

Wie sind die bisherigen Erfahrungen von Uponor mit BIM?

Eugen Bischoff: Uponor kann auf viele Jahre praktischer Erfahrung mit BIM zurückgreifen. Wir kennen und verstehen die Herausforderungen, mit denen Planer konfrontiert sind. Uponor hat 2014 die ersten Schritte mit BIM gemacht, mit einem ersten Portfolio von Revit-Paketen, die lokal in Großbritannien verfügbar waren. Der Großteil der Arbeit, wie die Aktualisierung von Produktinformationen, wurde noch manuell erledigt. 

Auf Grundlage des Kundenfeedbacks und einer Analyse der Marktanforderungen und -potenzialen haben wir beschlossen, einen Schritt weiterzugehen. 2017 haben wir unser BIM Center ins Leben gerufen, das von lokalen BIM-Teams in allen europäischen Ländern unterstützt wird. Da wir selbst praktische Erfahrung haben, können wir auch unseren Kunden realistische und nützliche Lösungen anbieten und unser Know-how mit ihnen teilen. Deshalb haben wir auch an der Anpassung und Automatisierung einer umfassenden BIM-Lösung gearbeitet – denn wir wissen, wie wichtig das für einen effizienten Planungsprozess ist.

Warum sind Anpassung und Automatisierung im Zusammenhang mit BIM so wichtig?

Eugen Bischoff: Lassen Sie uns betrachten, wie sich BIM im Laufe der Zeit entwickelt hat und was frühere BIM-Lösungen bieten konnten. Frühere Ansätze waren zum Beispiel kleinteiliger und erforderten manuelle Arbeit, die fehleranfällig und arbeitsintensiv war. BIM-Modelle wurden nur im Revit-Format für eine begrenzte Anzahl von Produkten bereitgestellt. Dies war ein guter Anfang und verschaffte uns wichtige Einblicke in den Markt, sodass wir die Bedürfnisse der Planer besser verstehen und anschließend erfüllen konnten. 

Planer müssen große und komplexe Projekte in Angriff nehmen, mit Architekten und anderen Gewerken zusammenarbeiten und all dies und mehr in einem zentralen Modell zusammenfassen. Wir können sie effektiver unterstützen, wenn wir eine umfassende Plattform anbieten, die alle Herausforderungen angeht und nicht nur einen kleinen Teil davon. Und das gelingt am besten mit automatisierten Prozessen, wie z. B. der datengetriebenen Aktualisierung der Produktinformationen. Indem wir die Plattform immer besser auf die Kundenwünsche zugeschnitten haben, konnten wir den Planungsprozess weiter beschleunigen. Letztendlich ist es unser Ziel, unseren Kunden bei der Erstellung von BIM-Modellen möglichst viele Optionen zu bieten.

Wie werden sich die BIM-Methode und BIM-Plattform in Zukunft entwickeln? Was sind die wichtigsten Trends?

Eugen Bischoff: Die größten Herausforderungen sind die Standardisierung und die Vereinheitlichung der Daten. Derzeit ist der BIM-Markt sehr zersplittert. Selbst wenn Planer die gleichen Aufgaben ausführen, ­sprechen sie oft nicht die gleiche BIM-Sprache. Dies führt zu Missverständnissen, Projektleistungen, die nicht den Vertragsanforderungen entsprechen, oder zu kostspieligen Problemen auf der Baustelle. Es gibt mehrere internationale Normen, die darauf abzielen, diese Probleme zu lösen, z. B. die ISO 19650 für die Konsolidierung von BIM-Prozessen und die ISO 23386:2020 sowie ISO 23387:2020 für die Vereinheitlichung von Projektdaten. 

Unserer Meinung nach sind alle drei Normen wichtige Meilensteine, aber sie allein werden nicht alle Marktbedürfnisse abdecken. Die Standardisierung ist ein Ansatz, den wir neben vielen lokalen Initiativen, die auf spezifische Marktbedürfnisse eingehen, weiterverfolgen wollen. Mit einem pragmatischen Ansatz können wir unsere Kunden am besten unterstützen. Deshalb haben wir die neue Plattform so aufgebaut, dass wir schnell auf wechselnde Markttrends reagieren können. 

Wir sind davon überzeugt, dass Automatisierung und Individualisierung die Trends sind, die die Branche in den kommenden Jahren prägen werden. Denn die Projekte und die Art und Weise, wie BIM genutzt wird, werden wahrscheinlich noch komplexer. Mit unserer datengesteuerten Plattform sind wir in der Lage, auf dem bisher Erreichten aufzubauen und neue Funktionen einfach zu integrieren, um den Planungsprozess mit BIM weiter anzupassen, zu automatisieren und zu erleichtern.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

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