Bauen im Bestand

Gaube und Dach aus einem Guss

Ein neues Gaubensanierungssystem ermöglicht die homogene, wärmebrückenfreie Dämmung von Dachfläche und Gauben. Es erhält weitgehend die Optik der Bestandsgaube und wurde erstmals bei der Sanierung zweier Wohnblöcke in Nürnberg eingesetzt.

Im urbanen Umfeld ist Bauland Mangelware. Um Baugrundstücke effektiv zu nutzen, bietet sich bei bestehenden Immobilien unter anderem ein Dachausbau an. Diese Chance war bei den beiden Mehrfamilienhäusern im Nürnberger Delsenbachweg bereits 1962 genutzt worden. Doch mittlerweile entsprachen weder die damals eingebaute Dämmung noch die übrige Gebäudehülle den Anforderungen an zeitgemäßen Wohnkomfort. Deshalb beschloss die Eigentümergemeinschaft der beiden Wohnblöcke, die Dämmung der gesamten Gebäudehülle ertüchtigen zu lassen.

Den Anfang sollte das Dach machen. Die Ausschreibung des Architekten Roy-Achim von Bychelberg sah eine Sparrenaufdopplung mit sd-variabler Dampfbremse und außenseitiger DWD-Verschalung vor. Die mit der Dachsanierung beauftragte Zimmerei Vitzthum GmbH favorisierte jedoch für die Dämmung der insgesamt 407 m2 großen Dachfläche die Aufsparrendämmung Linitherm PAL 2U. Hinzu kam, dass der Hersteller mit Litec GS ein Gaubensanierungssystem anbietet, das in Kombination mit der Aufsparrendämmung eine homogene, wärmebrückenfreie Außendämmung der gesamten Dachfläche inklusive Gauben ermöglicht.

Gaubensanierung

Im Zuge einer Sanierung sind Gauben oft problematisch, weil sie individuelle Detaillösungen erfordern, die den Preis für die Arbeiten auf dem Dach stark in die Hohe treiben können. Bei dem in Nürnberg eingesetzten System wurden derartige Probleme dadurch umgangen, dass die Sanierungsplatte die Bestandsgaube als homogene Schicht umhüllt.

Die Arbeitsschritte waren einfach: Im Zuge der Dachabdeckung entfernten die Zimmerer die äußeren Gaubenverkleidungen. Ein Ausräumen der bestehenden Dämmung war nicht erforderlich. Anschließend dichteten die Zimmerer die bestehenden Gaubenkonstruktionen mit der zum System gehörenden L+D-Folie ab, die gleichzeitig die Funktion einer Dampfsperre und einer luftdichten Ebene übernimmt. Da sie dabei die Folien von Gauben und Dach miteinander verklebten, entstand eine homogene Abdichtung.

Nach Dämmung der Dachfläche montierten die Zimmerer die Platten des Gaubensanierungssystems auf die Folie. Bei diesen Platten handelt sich um Sandwichelemente, die aus einer außenseitigen, 22 mm starken ­OSB-Platte und einer in ihrer Stärke variablen PUR/PIR-Dämmplatte bestehen. Angeboten werden die Dämmelemente in Gesamt­stärken zwischen 82 und 162 mm, was einem Element-U-Wert zwischen 0,35 und 0,17 W/m2K entspricht. Da die Querschnitte der Gaubensanierungsplatten dank der hohen Dämmwirkung von PUR/PIR relativ schlank ausfallen können, bleibt die Optik der sanierten Gaube weitgehend erhalten.

Die Sandwichelemente werden auf dem Dach zugeschnitten und anschließend mit Schrauben in der Holzkonstruktion der Bestandsgaube verankert. Um Wärmebrücken zu vermeiden, werden die Fugen zwischen Gauben- und Dachdämmung ausgeschäumt.

Da die bestehende Gaubenkonstruktion dabei unangetastet bleibt, ermöglicht das System eine schnelle, kostengünstige und bewohnerfreundliche Gaubensanierung. Plattenzuschnitt und Verlegen sind so unkompliziert, dass schon in einer Personalstärke von zwei Mann auf dem Dach ein guter Baufortschritt erreicht wird.

Dachdämmung

Einen besonderen Vorteil der in Nürnberg eingesetzten Aufsparrendämmung sehen Architekt und Zimmerer darin, dass man die alte Mineralfaserdämmung großenteils im Dach belassen kann. Lediglich im Traufbereich und am First wurde die alte Dämmung in einer Breite von 50 cm aus den Sparrenfeldern entfernt. Georg Vitzthum: „Man spart so die Arbeitszeit für das Ausräumen der alten Dämmung und zusätzlich die Entsorgungskosten. Auch im Vergleich mit einer Sparrenaufdoppelung hat man weniger Arbeitsschritte. Deshalb ist das System, das bauphysikalisch den Vorteil einer homogenen, wärmebrückenfreien Dämmschicht über der Dachkonstruktion bietet, unter dem Strich preisgleich oder sogar günstiger als eine Aufdopplung mit sd-variabler Dampfbremse.“

Auch im Kostenvergleich mit anderen Aufdachdämmungen schneiden die PUR/PIR-Dämmelemente angesichts steigender EnEV-Anforderungen immer günstiger ab. Der Grund: Man kann U-Werte bis hin zum Passivhausstandard bereits mit einer Plattenlage realisieren. So sparen die Verarbeiter Material- und Lohnkosten. In Nürnberg ermöglichte der Wechsel des Dämmsystems eine deutliche Verkürzung der Sanierungszeit.

Saubere Anschlüsse

Hinzu kam, dass es im Delsenbachweg eine Reihe von Dachgauben und Dachaufbauten (Treppenhäuser, Aufzüge, Kamine etc.) gibt, die man bei der Sanierung sauber an die luftdichte Ebene in der Dachfläche anschließen musste. Das ließ sich in den Augen von Architekt Roy-Achim von Bychelberg mit der L+D-Folie besonders gut realisieren: „Von der Bauphysik und vom Handling her hat uns das System überzeugt. Der Einbau einer sd-variablen Folie wäre aus meiner Sicht im Vergleich dazu nicht nur komplizierter, sondern auch bauphysikalisch riskanter gewesen. Darüber hinaus bietet das eingesetzte System eine elegante Variante für den Übergang zwischen Dach- und Fassadendämmung: Die Sparren wurden im Delsenbachweg gekappt, die Folie über den Dachrand gezogen und mit der darunter liegenden Fassade verklebt. So ist der luftdichte Anschluss der Fassadendämmung schon vorbereitet. Bis es so weit ist, verschwindet die Folie hinter einer Holzschalung.“

Dank einer speziellen Klemm-Press-Verbindung bilden die leichten, handlichen PUR/PIR-Platten sofort nach dem Zusammenstecken eine wärmebrückenfreie und winddichte Unterdeckung. Bei der im Delsenbachweg verwendeten Aufsparrendämmung kommt ein weiterer Vorteil hinzu: Sie ist mit einer diffusionsoffenen, überlappenden Deckbahn auf der Plattenoberseite ausgestattet, sodass sie nach dem Verlegen als zweite, naht- und perforationsgesicherte wasserführende Ebene fungiert.

Die Dämmplatten der WLS 024 ermöglichen dank ihrer hohen Dämmwirkung schlanke Bauteile mit niedrigem U-Wert. Die Dämmstärke reicht bei der Aufsparrendämmung Linitherm PAL 2U standardmäßig von 100 bis 240 mm, wobei Platten-U-Werte zwischen 0,22 und 0,10 W/m2K erreicht werden. Zusätzlich punktet die Aufsparrendämmung dank einer Rohdichte von 33 kg/m3 mit einem geringen Gewicht. Das ist vor allem in der Altbausanierung wichtig, weil so ohne Veränderung der Dachkonstruktion ein größerer Spielraum für Schneelasten bleibt.

Positiv ist das Brandverhalten zu bewerten: Die PUR/PIR-Dämmelemente erreichen die Brandklasse E nach DIN EN 13501-1 bzw. B2 nach DIN 4102-1. Im Brandfall glimmen und schmelzen sie nicht und tropfen auch nicht brennend ab.

Auch beim Thema sommerlicher Wärmeschutz kann PUR/PIR wegen seiner sehr guten Dämmwirkung Pluspunkte verbuchen: Unabhängige wissenschaftliche Untersuchungen von Ökotest, vom Fraunhofer Institut für Bauphysik und vom Forschungsinstitut für Wärmeschutz in München haben nachgewiesen, dass die niedrige Wärmeleitstufe des Dämmmaterials auch den sommerlichen Wärmeschutz effektiv verbessert.

In Nürnberg wurden 100 mm starke Dämmplatten der WLS 024 eingebaut, woraus ein Dach-U-Wert von 0,18 W/m2K resultierte. Spitzenwerte mit KfW-Förderung waren nicht anvisiert, weil der Förderantrag für Eigentümergemeinschaften besondere organisatorische Schwierigkeiten birgt.

Die Wohnungseigentümer in den beiden Wohnblocks lobten bei der abschließenden Eigentümerversammlung vor allem, wie schnell und problemlos die Sanierungsarbeiten auf dem Dach abgelaufen waren. Architekt von Bychelberg führt dies unter anderem auf das eingesetzte Dämmsystem zurück: „Die Sanierung damit erfolgt sozusagen minimalinvasiv. Die ursprünglich angedachte Variante hätte zu längeren Bauzeiten und größeren Beeinträchtigungen der Bewohner geführt.“

System für die bewohner­freundliche Gaubensanierung

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