Datenblätter zwischen den Zeilen lesen
Welche Kriterien von Lüftungsgeräten sind für eine hohe Raumluftqualität, aber auch für geringe Betriebs- und Lebenszykluskosten ausschlaggebend? Darum geht es im letzten Teil der Serie. Um das herauszufinden, werden typischerweise als erstes die Datenblätter verschiedener Gerätehersteller miteinander verglichen. Doch darüber hinaus besteht immer die Herausforderung, die angegebenen Parameter auch richtig zu interpretieren.
Die aktuellen Statistiken der Weltgesundheitsorganisation [1] und der Europäischen Umwelt Agentur [2] mahnen: Luftverschmutzung belastet die Gesundheit in vielerlei Hinsicht, insbesondere die von Kindern. Im Vergleich mit anderen Ländern, speziell mit Osteuropa, ist die Luft hierzulande zwar deutlich sauberer.
Eine seriöse Analyse der unzähligen Messdaten offenbart dennoch: Auch in vielen Regionen Deutschlands ist ein gesundes Innenraumklima nur über eine ventilatorgestützte Wohnungslüftung mit Filtrierung der Zuluft herzustellen. Doch mindestens genauso wichtig ist – unabhängig vom Standort – die gesicherte Abfuhr belasteter Raumluft. Zwei Gesundheitsaspekte, die Wohnungslüftungsanlagen unverzichtbar machen.
Darüber hinaus leisten Lüftungsanlagen durch Wärmerückgewinnung und Schutz der Bausubstanz vor Feuchteschäden wertvolle Beiträge zur Reduzierung der Lebenszykluskosten eines Gebäudes. Wie hoch diese Beiträge ausfallen, hängt wiederum von einigen maßgeblichen Qualitätskriterien ab. Der bloße Vergleich von Energieeffizienzklassen nach der Ökodesign-Richtlinie (ErP) greift für diese Abschätzung nämlich zu kurz.
Zertifizierte Daten
Die ErP-Richtlinie schreibt seit dem 1. Januar 2016 die Prüfung von Wohnungslüftungsanlagen nach der Prüfnorm DIN EN 13141-7 vor. Damit soll in erster Linie der energetische Vergleich von Lüftungsgeräten verschiedener Hersteller vereinfacht werden. Die dazu gemessenen Kennwerte lassen zum Teil tatsächlich ebenfalls erste Rückschlüsse auf die Gerätequalität im Allgemeinen zu. Wirklich verlässlich sind die Herstellerangaben aber nur dann, wenn sie durch unabhängige Stellen zertifiziert sind.
Sehr praxisgerecht ist hierbei die Zertifizierungsmethode des Verbands Eurovent. Dieser Zusammenschluss von rund 50 führenden europäischen Herstellern von Lüftungsgeräten hat sich auf den strengen Codex geeinigt, anonym auf dem freien Mark gekaufte Seriengeräte zu testen. So ist es Herstellern nicht möglich, bereitgestellte Prüflinge im Vorfeld auf die Testverfahren hin zu optimieren. Eurovent testet jährlich ein Gerät jeder Bauart und vergleicht die Messergebenisse mit den Angaben des Herstellers.
Kommt es zu Abweichungen, muss der Hersteller seine Angaben korrigieren oder sein Gerät nachbessern. Bei Beanstandungen durch Eurovent werden im Folgejahr sogar zwei Geräte aus der Baureihe geprüft. So soll sichergestellt werden, dass Eurovent-zertifizierte Wohnungslüftungsgeräte die Herstellerangaben auch in der Praxis erfüllen – und nicht nur im Testfeld. Dennoch ist es erforderlich, die Messergebnisse auf ihre Bedeutung hin in puncto Lebenszykluskosten und Lüftungskomfort richtig zu interpretieren.
Kenndaten im Klimakontext betrachten
Zur energetischen Bewertung von Wohnungslüftungsgeräten werden beispielsweise häufig als erstes die Leistungsaufnahme des Ventilators und der Wärmerückgewinnungsgrad (WRG) verglichen. Geräte mit Gegenstromwärmeübertrager liegen bei dem thermischen Rückgewinnungsgrad in der Regel zwischen 85 bis 90 Prozent. Konstruktionsbedingt erreichen Rotationswärmeübertrager hingegen „nur“ 80 bis 85 Prozent. Hinzu kommt, dass der Rotorantrieb ebenfalls Energie aufnimmt. Somit scheint ein Gegenstromwärmeübertrager energetisch vorteilhafter zu sein.
Ausschlaggebend ist hierbei jedoch, in welcher Klimazone das Gerät betrieben wird. Fällt an dem Aufstellungsort im Winter die Außentemperatur an mehreren Tagen in den Minusbereich, muss zum Beispiel in Lüftungsgräten mit Gegenstromwärmeübertrager aufgrund des Kondensatanfalls ein Frostschutz vorgesehen werden. In der Regel ist das ein elektrisches Heizregister im Zuluftstrom. Die Energieaufnahme hierfür kann den ohnehin nur im Winter besseren Wärmerückgewinnungsgrad im Vergleich zu einem Rotationswärmeübertrager sehr schnell zunichtemachen.
Denn generell gilt: Je höher bei einem Gegenstromwärmeübertrager der WRG ist, umso höher ist auch der Gefrierpunkt, ab dem nachgeheizt werden muss. Bei einem WRG von 90 Prozent kann das schon bei -3 °C Außentemperatur sein. In einem Rotationswärmeübertrager sammelt sich hingegen kein Kondensat an. Er ist daher frostsicher bis -20 °C Außentemperatur.
Die Angabe auf dem Energieeffizienzklasse-Label eines Lüftungsgerätes richtet sich allerdings nach dem SEV-Wert, der für ein durchschnittliches Klima gilt. Daher ist zu empfehlen, den spezifischen SEV-Wert für den jeweiligen Aufstellungsort klimabezogen zu ermitteln. Die einfache Formel dazu ist in der ErP-Richtlinie zu finden [3], und die notwendigen Klimadaten stellt bespielweise der Deutsche Wetterdienst bereit [4].
Kenndaten und Filterqualität
Ein direkter Zusammenhang zwischen Innenraumluftqualität, Gerätequalität und Energieeffizienz ergibt sich auch durch die eingebaute Filtertechnik.
Eine optimale Filtrierung der Zuluft ist für das Innenraumklima entscheidend. Zudem ist eine wirkungsvolle Filtrierung der Abluft wichtig, um das Gerät vor Verschmutzung zu schützen. Schließlich werden rund 60 Prozent der Schwebestoffe durch die typischen Tätigkeiten in Wohnräumen in die Luft eingebracht. Das ist im Übrigen ein weiterer Faktor, der für den regelmäßigen Luftaustausch durch eine ventilatorgestützte Wohnungslüftung spricht.
Um Schwebestoffe sicher aus der Luft zu entfernen, empfehlen sich hochwertige Taschenfilter oder Kassettenfilter mit ausreichender Bauhöhe. Sie können mehr Schmutz sammeln als einfache Filtermatten. In vielen Geräten werden aber insbesondere auf der Abluftseite dünne Filtermatten eingesetzt, weil sie platzsparend und günstig sind. Allerdings nur in der Anschaffung, denn diese Filter setzen sich schnell zu, müssen daher häufig ausgetauscht werden und führen durch den größeren Druckverlust zu einer höheren Energieaufnahme. Das sind klare Nachteile auf der Betriebskostenseite.
Somit sollte bei dem Vergleich von Kenndaten verschiedener Gerätedatenblätter stets berücksichtigt werden, mit welchen Filtern das Lüftungsgerät getestet wurde. Das beeinflusst nicht nur die Energieaufnahme, sondern auch den Volumenstrom. Denn Grobfilter (nach alter DIN EN 779 „G-Klassen“) verursachen eine erheblich geringere Leistungsaufnahme der Ventilatoren – beziehungsweise erlauben einen höheren Luftvolumenstrom – als Feinfilter (nach alter DIN EN 779 „F-Klassen“). Doch wie die neue Filternorm ISO 16890 zeigt, sind Grobfilter im Zuluftstrom bestenfalls als Insektenschutz geeignet – aber keinesfalls, um ein adäquates Innenraumklima herzustellen.
Im Online-Katalog von Systemair [5] besteht daher die Möglichkeit, die Filterklassen sowohl zu- als auch abluftseitig anwendungsgerecht zu definieren.
Abhängig von den gewählten Filtern werden dann die realen Kenndaten des Wohnungslüftungsgeräts angegeben.
Konstruktive Qualität
Die Innenraumluftqualität und Lebenszykluskosten sind darüber hinaus aber noch von weiteren „inneren“ Werten eines Wohnungslüftungsgerätes abhängig.
Auch die inneren Leckagen der Luftführung lassen sich zum Teil an der Verarbeitungsqualität ablesen. Dichtschließende Abluftfilter vor dem Wärmetauscher lassen kaum Staub in den Geräteraum kommen. Das verringert den Wartungsaufwand. Nicht sichtbar, aber dafür bei den Energiekosten spürbar, ist die strömungsgünstige Gehäusekonstruktion anhand einer Computational Fluid Dynamics Simulation (CFD).
Fazit
Für die Gesundheit der Bewohner, aber ebenso für die Wirtschaftlichkeit eines Gebäudes über den gesamten Lebenszyklus hinweg, sind Wohnungslüftungsgeräte unverzichtbar. Sie sollten genauso selbstverständlich eingeplant werden wie eine Heizung – oder in Niedrigenergiehäusern auch eine Kühlung. Wohnungslüftungsgeräte auf einem hohen Qualitätsniveau können beides leisten: ein gesundes Innenraumklima sicherstellen und Energiekosten deutlich senken.
Weitere Informationen finden Sie unter
Checkpunkte einer hohen Gerätequalität
1. Gute Gehäusedämmung vermindert thermische Verluste und Schallemission sowie Schimmelbildung durch Kon- densation im Inneren.
2. Passgenaue Verarbeitung des Gehäuses reduziert Lecka- gen auf ein Minimum. CFD-optimierte Bauweise mit
glatten Innenflächen sorgt für eine druckverlustarme Strömung.
4. Dichtabschließende Taschenfilter im Abluftstrom halten das Gerät sauber.
5. Ein stufenlos regelbarer Ventilator mit EC-Motor redu - ziert die elektrische Aufnahmeleistung.
6. Ein Rotationswärmeübertrager stellt die gleichmäßige Erwärmung der Zuluft sicher. Ein integrierter Feuchte- sensor ermöglicht außerdem hierüber die bedarfsge- rechte Feuchteregelung.