ifs: Regionale Wohnraum-Engpässe erfordern regionales Handeln

Die Entwicklung auf den regionalen Wohnungsmärkten in Deutschland schwankt zwi
schen Verknappungserscheinungen und Wohnungsleerständen von über 8 %. Für Berlin werden besispielsweise Mietsteigerungen bei Neuvermietungen von 30 % gemeldet - bei einem durchschnittlichen Mietenanstieg in der Stadt von 3,1 %. Bundesweit sind die Nettokaltmieten im Durchschnitt sogar nur um 1,2 % gestiegen.

Die Vorschläge der politischen Parteien konzentrieren sich im Vorfeld der Bundestags wahl gleichwohl auf die Wachstumsregionen mit ihren Verteuerungstendenzen. „De gressive Abschreibung“ oder „Mietendeckel“ lauten zwei der Schlagworte. Dabei wird
nach Auffassung des ifs-Städtebauinstituts zu wenig bedacht, dass sich Probleme auf
einzelnen regionalen Wohnungsmärkten nur sehr eingeschränkt mit bundesweit gel tenden Instrumenten lösen lassen.

Notwendig sei zweifellos ein verstärkter Wohnungsneubau – und zwar sowohl in Form
von Mietwohnungen als auch von Eigentumswohnungen. Auch wenn diese neu errichte ten Wohnungen wegen der hohen Bau- und Grundstückskosten nur zum Teil von den
jetzt Wohnungssuchenden angemietet werden können, führt der Wohnungsneubau über
Sickereffekte doch zu einer Entlastung der Wohnungsmärkte.

„Die wichtigste Voraussetzung für einen verstärkten Wohnungsneubau ist
ausreichendes Bauland zu vertretbaren Preisen“, erklärte dazu der Direktor des ifsStädtebauinstituts, Dr. Peter Runkel. „Dieses im erforderlichen Umfang auszuweisen,
herzurichten und zu erschließen, ist Aufgabe der Gemeinden und Planungsregionen. Sie
müssen dazu dringend die personellen Kapazitäten der Planungsämter wieder auf den
Stand der 90er Jahre bringen.“ Mietendeckel (Kappungsgrenzen) seien weder für
Bestandsmieten noch für Wiedervermietungsmieten erfolgversprechend. Aus sozialen
Gründen wäre stattdessen eine deutliche Erhöhung und Flexibilisierung des
Wohngeldes sinnvoll - insbesondere in der Stufe für Großstadtregionen und bei der
Anmietung einer Wohnung. Damit können auch Haushalte mit geringem bis mittlerem   Einkommen weiterhin angemessen wohnen- auch in München, Frankfurt a.M.,
Hamburg, Heidelberg, Stuttgart, Düsseldorf oder Berlin.

Für die Soziale Wohnraumförderung seien dagegen seit 2006 ausschließlich die Länder
zuständig, die in ihren Landeshaushalten dafür ausreichende Mittel bereit stellen müssten. Eine Erhöhung der steuerlichen linearen AfA sei zwar generell richtig, würde aber
kaum regionale Zusatzeffekte auslösen, so das ifs. Die Einführung einer degressiven AfA
ließe sich nicht auf Wachstumsregionen beschränken.


Im Einzelnen:


Wohnraumverknappung ist ein auf Wachstumsregionen und einige Universitätsstädte
begrenztes Problem
Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) grenzt in Deutschland – nicht flächendeckend – 118 Wohnungsmarktregionen ab; andere Institute, wie das Institut für Siedlungs- und Wohnungswesen an der Uni Münster, kommen flächendeckend auf 171 Wohnungsmarktregionen. Aber nur aus etwa 20 Wohnungsmarktregionen werden Verknappungstendenzen und stark steigende Wiedervermietungsmieten gemeldet. Auch wenn die Zahl der Haushalte in den einzelnen Wohnungsmarktregionen sehr unterschiedlich ist und die Verknappungsprobleme insbesondere in den großen Wohnungsmarktregionen wie  München, Frankfurt, Hamburg, Heidelberg, Stuttgart und Düsseldorf auftreten, handelt es sich doch um regional begrenzte Sonderprobleme wirtschaftlich starker Regionen, in denen auch überdurchschnittliche Löhne und Gehälter gezahlt werden. In diesen Wachstumsregionen konzentriert sich die erhöhte Nachfrage zumeist auf besonders „angesagte“ Stadtteile, ist also nicht flächendeckend.


Positive Salden aus Binnen- und Außenwanderung lassen in Wachstumsregionen die Nachfrage nach Wohnraum stark ansteigen Die Ursachen der Wohnraumverknappung liegen in der starken Zunahme der wohnungssu chenden Haushalte. Kamen die Zuzüge in die Wachstumsregionen in den vergangenen Jahren in erster Linie aus anderen Regionen Deutschlands, sind in den letzten beiden Jahren verstärkt Zuzüge aus dem europäischen Ausland hinzugekommen. Diese haben die Situation auf den sowieso schon angespannten Wohnungsmärkten weiter verschärft. Die Wohnraumversorgungsprobleme werden in dieser angespannten Form solange fortbestehen, wie der Zuzug aus dem EU-Ausland in deutsche Wachstumsregionen wegen der europäischen Wirtschaftskrise weiter anhält. In Universitätsstädten macht sich die steigende Zahl Studierender auf Grund der doppelten Abiturjahrgänge bemerkbar.


Deutliche Mietpreissteigerungen bei Wiedervermietungen sind die Folge
Da mehr Haushalte eine Wohnung suchen als angeboten werden, führt dies regional zu starken Mietpreissteigerungen bei Wiedervermietungen. Dabei ist nicht nur auf den prozentualen Anstieg der Angebotsmieten abzustellen, sondern zugleich auf deren Höhe.

Wenn in Berlin die Angebotsmieten zwischen 2008/2009 und 2011/2011 um 30 %, in München aber nur um 8 % angestiegen sind (empirica), so unterscheiden sich die Angebotsmieten zwischen München und Berlin dennoch absolut um über 4 € pro m² Wohnfläche (München 13,35 €, Berlin 9,11 €).

Von dieser Entwicklung besonders betroffen sind Haushalte mit geringem bis mittlerem Ein kommen, weil bei diesen der Anteil der Wohnkosten am Gesamteinkommen deutlich über
den allgemein für zumutbar gehaltenen Wert von einem Drittel auf über 40 % steigt.
Während bundesweit die Höhe der Mietbelastungen vom Anstieg der warmen Nebenkosten
bestimmt wird (2012 plus 5,7 %) - kommt in den Wachstumsregionen bei
Wiedervermietungen ein überdurchschnittlicher Anstieg der Kaltmieten von rund 8 %
hinzu.

Aber auch die Preise für Eigentumswohnungen und Mietobjekte sind gerade in Wachstumsregionen deutlich gestiegen, weil Wohnimmobilien zwar eine relativ geringe, dafür aber sichere Rendite erwirtschaften.

Neubau ist dringend erforderlich, führt aber nur zeitversetzt und über Sickereffekte zur
Entlastung
Der in den Regionen dringend erforderliche Wohnungsneubau kann die jetzt bestehende erhöhte Nachfrage nur teilweise abdecken. Zum einen braucht es von der Planung über die Genehmigung bis zur Fertigstellung eines Wohnungsneubaus zwischen drei bis fünf Jahre. Es rächt sich jetzt, dass in den letzten Jahren gerade in diesen Regionen zu wenige Wohnungen neu errichtet wurden. Zum anderen bewegen sich die Mieten bei Erstvermietungen mit 10 bis 15 € auf einem Niveau, das von der Mehrzahl der Wohnungssuchenden nicht aufgebracht werden kann. Entlastungen treten daher in erster Linie über Sickereffekte ein, weil die in Neubauwohnungen einziehenden Haushalte zumeist eine preiswertere Mietwohnung frei machen. Daher ist es sinnvoll, wenn in den Wachstumsregionen nicht nur Mietwohnungen, sondern auch Eigentumswohnungen für Selbstnutzer errichtet werden.


Förderung der sozialen Wohnraumversorgung ist seit 2006 Ländersache Seit der Föderalismusreform I von 2006 ist die Zuständigkeit für die soziale Wohnraumförderung (Gesetzgebung und Förderung) voll auf die Länder übergegangen. Der Bund überweist den Ländern nur noch Ausgleichszahlungen für den Wegfall der Förderung - ohne Mitfinanzierungsverpflichtung seitens der Länder. Das waren bis 2013 jährlich 518 Mio. € zweckgebunden für den Wohnungsbau. Danach werden Ausgleichszahlungen in noch zu verhandelnder Höhe ohne bereichsspezifische Zweckbindung generell für Investitionen gewährt. Eine Fortsetzung oder gar Erhöhung dieser Zahlungen würde wegen des gesetzlich fixierten Verteilungsschlüssels bis zur Hälfte des Betrages Länder ohne regionale Wohnraumversorgungsengpässe begünstigen. Zugleich wäre nicht sichergestellt, dass die Mittel in den Wohnungsneubau fließen und nicht zur Ausfinanzierung alter Förderprogramme eingesetzt werden (wie z.B. in Berlin zwischen 2006 und 2011). Gefordert sind also die Länder mit Wachstumsregionen. Sie müssen in ihren Landeshaushalten ausreichend Mittel bereitstellen. Ein Wiedereinstieg des Bundes in die Förderung bedürfte dagegen einer geänderten verfassungsrechtlichen Grundlage, weil nach dem durch die Föderalismusreform I neu eingeführten Art. 104 b GG der Bund den Ländern Finanzhilfen nur in Bereichen gewähren darf, in denen er auch die Gesetzgebungszuständigkeit hat.


Eine Erhöhung der linearen steuerlichen Absetzung für Abnutzung (AfA) für Wohngebäude von 2 auf 4 % ist generell richtig, würde aber kaum regionale Zusatzeffekte
auslösen
Zurzeit werden Wohngebäude gleichbleibend (linear) über 50 Jahre Nutzungsdauer mit 2 % der Anschaffungs- und Herstellungskosten steuerlich abgeschrieben. Dieser Satz ist generell zu niedrig und verkennt, dass allein aus energetischen Gründen alle 25 Jahre eine grundlegende Modernisierung der Wohngebäude erforderlich ist. Eine Verdoppelung der linearen AfA wäre daher nicht nur sinnvoll, sondern auch geboten. Nennenswerte regionale
Anstoßeffekte für einen verstärkten Wohnungsneubau in Wachstumsregionen werden von
den niedrigen Abschreibungssätzen aber kaum ausgehen.

Die Einführung einer (auch zeitlich befristeten) degressiven AfA mit anfänglich deutlich höheren Abschreibungssätzen ließe sich nicht auf Wachstumsregionen begrenzen. Als bundesweite Regelung würde sie zu erheblichen Steuerausfällen und Fehlallokationen führen.

Verfügbares Bauland zu vertretbaren Preisen ist das Schlüsselproblem – die Gemeinden
sind gefordert
In den meisten Wachstumsregionen sind Grundstücke, auf denen Geschosswohnungsneubau zulässig ist, rar und teuer. Dies liegt überwiegend an einer restriktiven Baulandausweisung durch die Gemeinden, da die Bodenpreise maßgeblich vom verfügbaren Angebot bestimmt werden. Nach der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung sollen verstärkt brach gefallene Flächen wieder genutzt werden, was verwaltungsaufwendiger ist, als Bauland neu auszuweisen. Widerstände der Bevölkerung müssen genauso überwunden, wie Nutzungsrestriktionen aus Altlasten gelöst werden. Kaum ein Investor wird eine Innenbereichsfläche ohne entsprechende Baurechte erwerben und bevor die Altlastenproblematik verbindlich geklärt ist. Von den betroffenen Gemeinden ist daher ein Baulandkonzept über zu entwickelnde Bauflächen zu erstellen und schrittweise umzusetzen. In einem Baulandkataster ist Investoren ferner ein Überblick über unbebaute, baureife Grundstücke zu geben. Die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle in der Verwaltung erleichtert Investoren den Gang durch die Behörden (Beispiel Hamburg). Dies erfordert, dass die Planungs- und Bauämter der Gemeinden, die in den letzten Jahren personell kontinuierlich ausgedünnt worden sind, mit qualifiziertem Fachpersonal verstärkt werden.


Beitrag des Wohnungsbestandes – Leerstandsreserven sind aufgebraucht, die Bekämpfung von Zweckentfremdungen verwaltungsaufwendig und streitanfällig In vielen Städten, wie z.B. in Berlin, konnte die erhöhte Wohnungsnachfrage zunächst aus der sog. Leerstandsreserve abgedeckt werden. Darunter sind Wohnungen zu verstehen, die zurzeit nicht vermietet sind, aber mit zumutbarem Investitionsaufwand kurzfristig vermietbar gemacht werden können. Liegt die Leerstandsreserve über dem Wert von 2 %, verfügt ein Wohnungsmarkt über genügend Elastizität, um eine erhöhte Nachfrage kurzfristig abzudecken. Ist die Leerstandsreserve aufgebraucht, schlägt die erhöhte Nachfrage auf den Wohnungsbestand in Form steigender Wiedervermietungsmieten durch (empirica/CBRE).

Nimmt aber der Abstand zwischen Bestandsmieten und Wiedervermietungsmieten zu, sinkt
die Bereitschaft der Haushalte, aus einer zu groß gewordenen Wohnung in eine kleinere
Wohnung umzuziehen. Die Mietbelastung für die neue Wohnung würde trotz weniger Wohn fläche nur geringfügig niedriger ausfallen, als bei der bisherigen Wohnung.

Versuche der Gemeinden, als Büro oder als Ferienwohnungen genutzten Wohnraum wieder
der dauernden Wohnnutzung zuzuführen, sind rechtlich möglich (z.B. durch Zweckentfremdungsverordnungen), aber sehr verwaltungsaufwändig und streitanfällig. Sie bedürfen einer sorgfältigen Faktenerhebung sowohl hinsichtlich des Umfangs der Zweckentfremdung als auch des dringenden Wohnbedarfs im jeweiligen Stadtteil.


Belegungsbindungen und städtische Wohnungsgesellschaften – wohl der Stadt, die vorgesorgt hat Verfügt eine Gemeinde über Belegungsbindungen für Wohnungen, die sie unter entspannteren Bedingungen auf dem freien Markt gegen Zahlung einer Subvention erworben hat oder über kommunale Wohnungsgesellschaften mit einem größeren Wohnungsbestand, kann sie diese Bestände zur Abmilderung sozialer Härten einsetzen.


Kappung der Mietpreiserhöhungen in bestehenden Mietverträgen (§ 558 BGB) benachteiligt Kleinvermieter und schadet mittelfristig auch den Mietern Sind Erhöhungen der Kaltmiete im Mietvertrag nicht bereits vereinbart (z.B. bei Staffelmieterträgen), kann der Vermieter die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete zu dem Zeitpunkt, in dem die Erhöhung eintreten soll, seit 15 Monaten unverändert ist. Daneben sind Mieterhöhungen nach Modernisierung der Wohnung oder zur Geltendmachung von Nebenkosten zulässig. Unter der ortsüblichen Vergleichsmiete ist dabei nicht die durchschnittliche Kaltmiete zu verstehen, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung und Beschaffenheit gezahlt wird. Vielmehr werden dabei nur solche Mieten berücksichtigt, die in den letzten vier Jahren vereinbart oder auf Grund von Mieterhöhungen geändert worden sind. Die ortsübliche Vergleichsmiete liegt daher in der Regel über der durchschnittlichen Bestandsmiete für vergleichbare Wohnungen. Die durchschnittliche Nettokaltmiete einer Wohnung mit einer Fläche von 65 m², mittlerer Ausstattung und Lage betrug 2012 in München 9,74 € pro m², in Stuttgart 8,02 €, in Köln 7,93 €, in Frankfurt a.M. 7,70 €, in Hamburg 7,39 € und in Berlin (West) 5,99 € (F+B Hamburg).

Die Erhöhung der Kaltmiete darf sich innerhalb von drei Jahren nicht um mehr als 20 %
erhöhen. Diese Kappungsgrenze beträgt nach dem Mietrechtsänderungsgesetz 2013 der CDU-CSU/FDP Koalition in den von den Ländern festgesetzten Gebieten, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, nur noch 15 Prozent. Diese Regelung, die unabhängig vom Erreichen der ortsüblichen Vergleichsmiete gilt, begünstigt gewerbliche Vermieter, die die Miete regelmäßig anheben und benachteiligt Kleinvermieter, die Mieterhöhungen wegen des damit verbundenen Verwaltungsaufwandes gar nicht oder nur in größeren Abständen durchführen. Diese bewirtschaften 60 Prozent oder 14 Millionen der vermieteten Wohnungen. Gerade in dynamischen Wohnungsmärkten mit hohen Mietsteigerungsraten kann die 20 oder 15 Prozentgrenze leicht erreicht sein. Davon profitieren Mieter, die bei Kleinvermietern über Jahre eine geringere Miete gezahlt haben, als wenn sie bei gewerblichen Vermietern gewohnt hätten. Die Kleinvermieter werden als Folge dieser Regelung die Bewirtschaftung ihrer Wohnungen vermehrt professionellen Verwaltern übertragen. Für Mieter bedeutet dies regelmäßige Mieterhöhungen wie bei gewerblichen Wohnungsunternehmen und zusätzlich die Umlage der Verwalterkosten als Nebenkosten zur Miete.


Eine Beschränkung der Miethöhe bei Wiedervermietungen würde in erster Linie gut
verdienende Haushalte begünstigen
Mit regionalen Schwankungen ist von einer Fluktuationsquote im Sinne eines Mieterwechsels
von im Schnitt jährlich 10 % auszugehen. In Studentenstädten liegt sie deutlich höher. Nach geltendem Mietrecht unterliegt die Miethöhe einer wieder vermieteten Wohnung keiner
Beschränkung – es gilt nur die allgemeine Bestimmung über Mietwucher des Wirtschaftsstrafrechts (§ 5 WiStG). Danach liegt eine Ordnungswidrigkeit vor, wenn die Miete infolge der Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Wohnräumen die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 20 % übersteigt.

Nach ihren Wahlprogrammen wollen SPD, Bündnis 90 /Die Grünen, die LINKE und nun
auch der CDU Mieterhöhungen bei Wiedervermietungen – nicht bei Erstvermietung neu er richteter Wohnungen – auf 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete beschränken. Maßstab soll dabei also nicht die vom Vormieter gezahlte Miete, sondern die ortsübliche Vergleichsmiete sein. War die ortsübliche Vergleichsmiete bisher nicht ausgeschöpft (Fall des § 558 BGB), kann die Wiedervermietungsmiete auch um einen entsprechenden Betrag höher ausfallen. Mit einer solchen Regelung, die von den Grünen nur regional und zeitlich befristet vorgeschlagen wird, soll der Mietenanstieg und die Verdrängung angestammter Bevölkerung aus „angesagten“ Stadtquartieren begrenzt werden.

Das zweite Ziel wird mit dieser Regelung aber kaum zu erreichen sein. Aus mehreren Mietinteressenten wird ein Vermieter regelmäßig denjenigen auswählen, der über ein sicheres und ausreichendes Einkommen verfügt, sozialverträglich lebt und eine lange Mietdauer erwarten lässt. Transferleistungsempfänger oder Haushalte mit niedrigem Einkommen werden also trotz einer solchen Begrenzung i.d.R. nicht zum Zug kommen, weil weder im Rahmen der Kosten der Unterkunft noch des geltenden Wohngeldes eine über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegende Kaltmiete erstattet wird. Durch eine solche Regelung unmittelbar begünstigt würden dagegen gut bis besser verdienende Haushalte, deren Mietbelastung so in Grenzen gehalten wird.

Aus Sicht der Vermieter ist besonders nachteilig, dass sich Investitionen in die Wohnung, die
üblicherweise bei Mieterwechseln durchgeführt werden, nur noch dann lohnen, wenn sie zu einer Einstufung der Wohnung in eine bessere Kategorie des Mietspiegels führen.

Durch eine Erhöhung des Wohngeldes können die Mietpreissteigerungen in Wachstumsregionen sozial abgemildert werden Das Wohngeld mit seinen sechs Mietstufen berücksichtigt die unterschiedliche Mietpreisentwicklung auf den regionalen Wohnungsmärkten. Es ermöglicht z.Zt. über 500.000 Haushalten mit einem geringen Einkommen oder niedriger Rente die Kosten des Wohnens in einem sozial verträglichen Rahmen zu halten. Auf die Gewährung von Wohngeld besteht ein Rechtsanspruch. Im Gegensatz zu den Kosten der Unterkunft nach den Sozialgesetzbüchern ist das Wohngeld jedoch statisch und nicht dynamisch. Es wird in seiner Höhe und dem zu berücksichtigenden Einkommen sowie Mieten vom Gesetzgeber festgesetzt und schmilzt im Zeitverlauf mit jeder Einkommensverbesserung (absolut) oder Mieterhöhung (relativ) ab. Trotz steigender Mieten gehen daher die Zahl der Wohngeld empfangenden Haushalte und die Wohngeldkosten kontinuierlich um jährlich etwa 10 % zurück. Angesichts der starken Mietpreissteigerungen in Wachstumsregionen ist es daher dringend erforderlich, das Wohngeld den veränderten Bedingungen auf den regionalen Wohnungsmärkten anzupassen. Insgesamt ist das Wohngeld, insbesondere in der Mietenstufe VI, deutlich zu erhöhen und endlich dynamisch auszugestalten. Dabei muss bei Anmietung einer Wohnung auch anerkannt werden, dass in diesen Regionen die Wiedervermietungsmieten deutlich höher als die Bestandsmieten (ortsübliche Vergleichsmiete) liegen.

Dagegen besteht bei den Kosten der Unterkunft nach den Sozialgesetzbüchern ein Rechtsanspruch auf Erstattung der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung, soweit sie angemessen sind. Bei allgemeinen Mietsteigerungen lassen sich die angemessenen Wohnkosten zur Not mit Hilfe der Sozialgerichte durchsetzen. Dies gilt auch für stark steigende Wiedervermietungsmieten.

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