Reform Bundesbau: Bessere Kosten-, Termin- und Qualitätssicherheit bei Bundesbauten

In der Öffentlichkeit bekannte Großprojekte wie Elbphilharmonie, Stuttgart 21 oder der Flughafen Berlin Brandenburg International kosten mehr und dauern länger als angekündigt. Es entsteht der Eindruck, dass die öffentliche Hand den Kosten- und Zeitrahmen bei ihren Bauprojekten nicht im Griff hat. Auch bei Hochbaumaßnahmen des Bundes, für die das Bundesbauministerium letztverantwortlich ist, kommt es zu Kosten- und Terminverzögerungen. Von 300 untersuchten Projekten  mit mehr als 10 Mio. Baukosten liegen mehr als 40 % nicht annähernd im ursprünglich prognostizierten Kostenrahmen, 35 % nicht annähernd im Terminrahmen. Es besteht Handlungsbedarf.

Mit dem Aktionsprogramm „Reform Bundesbau“ will das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) wirksam gegensteuern. Das Ministerium hat die Hauptgründe benannt, neun Handlungsfelder identifiziert und 34 Maßnahmenempfehlungen entwickelt, um mittel- und längerfristig eine deutliche Verbesserung der  Kosten-, Termin- und Qualitätssicherheit zu erreichen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf einer Verbesserung der Umsetzungskompetenz. Ergänzend macht das BMUB auch Vorschläge zur begrenzten Änderung von Regelwerken und der im Bundesbau üblichen Vergabe- und  vertraglichen Regelungen.

Verbesserungen fordert das BMUB von allen am Bau Beteiligten ein: von Maßnahmenträgern und Nutzern, von beteiligten Ministerien, von der Bundesbauverwaltung, die für Projektmanagement und -durchführung verantwortlich ist,  aber nicht zuletzt auch von den Planern und Bauunternehmen, die im Auftrag des Bundes den weit überwiegenden Teil der Planungs- und sämtliche Bauleistungen erbringen und damit ganz wesentlich zum Projekterfolg oder -misserfolg beitragen.

Exemplarisch nennt das BMUB einige Punkte:

Starkes Projektmanagement

„Wir werden die Befugnisse der Projektleiterinnen und Projektleiter der Bundesbauverwaltung stärken und die Kernkompetenz der Bauverwaltung im Projektmanagement weiter verbessern. Komplettvergaben der Projektsteuerungsaufgaben an Externe haben sich in vielen Fällen nicht bewährt. Durch effizientere Organisation und weitere fachliche Qualifizierung wollen wir die Qualitätssicherung bei Planungs- und Bauleitungsleistungen verbessern. Wir wollen uns einheitliche Standards für gutes Projektmanagement geben und in einer Projektmanagementrichtlinie sowie einem Musterprojekthandbuch festlegen. Dabei wollen wir anwendungsbezogene Tools nach dem Best-Practice Prinzip bereitstellen.“

Belastbare Bedarfsplanung

„Wir wollen uns bei Nutzern und Maßnahmenträgern für eine frühzeitigere und aktivere Einbindung der Bundesbauverwaltung in der Phase der Projektvorbereitung einsetzten und so zur Verbesserung der Bedarfsplanung beitragen. Eine umfassende und belastbare Bedarfsplanung hilft spätere kosten- und zeitintensive Änderungen zu vermeiden.“

Prognose und Veranschlagung von Projektrisiken

„Wir werden Vorgaben für ein systematisches Risikomanagement in Form einer Risikomanagementrichtlinie entwickeln und im Regelwerk für den Bundeshochbau verankern.
In Abstimmung mit dem  Bundesministerium der Finanzen wollen wir dafür sorgen, dass angemessene Risikokosten einschließlich der Preisentwicklung im Haushalt klar benannt und veranschlagt werden. Dies ist bisher nicht der Fall.“

Belastbare Kosten- und Terminaussagen

„Wir werden bei komplexen Bauvorhaben künftig verstärkt vertiefte und belastbarere Planungen zur Grundlage der Veranschlagung im Bundeshaushalt machen. Nicht belastbare Schätzkosten bringen uns nicht weiter. Die momentane überwiegende Praxis der Genehmigung und Veranschlagung der Baukosten lediglich aufgrund von Kennwerten ermöglicht bei komplexen Vorhaben keine ausreichende Kosten- und Terminsicherheit.“

Auswahl der besten und nicht der preisgünstigsten Planer und Bauunternehmen

„Bei der Wertung der Angebote wollen wir stärker als bisher qualitäts- und leistungsorientierte Kriterien anwenden und nicht nur den reinen Angebotspreis. Wir werden das Vergabehandbuch des Bundes mit rechtssicheren Handlungsanleitungen konkretisieren und ergänzen. Der hohe Preisdruck verleitet Anbieter von Bauleistungen häufig dazu, zu niedrige Angebote abzugeben. Nach Auftragserteilung muss das Delta dann durch Nachträge oder Abstriche bei der Qualität wieder hereingeholt werden.“

Schnelle Reaktion bei Planungs- und Bauablaufstörungen

„Wir werden vergaberechtlich prüfen, inwieweit die aufschiebende Wirkung von Nachprüfungsverfahren begrenzt und Ersatzvornahmen nach Insolvenz oder Kündigungen vereinfacht und beschleunigt erfolgen können. Wir werden – zunächst bei Pilotprojekten -–außergerichtliche Streitschlichtungsverfahren anwenden, um schneller verbindliche Entscheidungen bei Konfliktfällen zu erzielen. Wir wollen berechenbare Regelungen zur Risikoverteilung und Vergütung im Falle von Bauzeitverlängerungen schaffen. Wir werden uns dafür einsetzen, rechtzeitig und konsequent  Gegenmaßnahmen bei Schlechtleistungen zu ergreifen.“

Neue Partnerschaftliche Vertragsmodelle

„Wir werden weitere Pilotverfahren mit Partnering-Elementen durchführen und die Anwendung von alternativen Vertragsformen (z. B. Open-Books, Target-Cost) testen. Wir werden uns dafür einsetzen, wirksame Bonus-/Malus-Systeme zur Integration in Planer- und Bauverträge zu entwickeln. Wir wollen im Vergabehandbuch des Bundes darauf hinwirken, dass die vorzulegenden Kalkulationsunterlagen noch größere Transparenz aufweisen, um taktische Angebote vor Zuschlagserteilung besser ausschließen zu können.“

Straffe interne Verfahren

Wir werden in der Vorprojektphase strikt auf eine sukzessive Abarbeitung der Schritte Bedarfsplanung, Variantenuntersuchung und Weiterqualifizierung zur Haushaltsunterlage verpflichten und die Beteiligten hierfür sensibilisieren. Eine bessere Organisation der Abläufe spart Zeit und Geld. Wir wollen  präzise Schnittstellendefinitionen erarbeiten und alle  Beteiligten hinsichtlich Ihrer Zuständigkeiten sensibilisieren. Das verhindert Doppelbefassungen und Doppelstrukturen.“ Wir werden für eine bessere Restabwicklung und Mängelbeseitigung der Gewerke sorgen, z. B. indem wir detaillierte Kriterien für die Abnahmefähigkeit von Bauleistungen vertraglich festlegen. Dies erleichtert und verkürzt  das Verfahren zur Übergabe an die Nutzer. Wir werden bei Pilotvorhaben testen, zusammen mit den Bauleistungen auch Betreiberleistungen für die ersten Nutzungsjahre zu beauftragen.“

Angemessene Ausstattung der Bundesbauverwaltung

Wir wollen unser bereits im Aufbau befindliches System zum Ressourcencontrolling bauverwaltungsübergreifend weiterentwickeln und in Abhängigkeit von festgelegten Leistungskennwerten für eine angemessene Personalausstattung der Bauverwaltung sorgen. Wir werden die Bereitstellung, Pflege und Nutzung von  Grundlagendaten verbessern und die bestehenden Datenbanken weiterentwickeln. Wir wollen die fachlichen Kompetenzen der Bundesbauverwaltung und den Wissenstransfer weiter verbessern. Dazu müssen wir einen angemessenen Anteil an Eigenerledigung sicherstellen.“

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