Bau- und Immobilienbranche: Deutschland-Plan für bezahlbares Wohnen

In Berlin haben jetzt sieben Organisationen und Verbände der deutschen Bau- und Immobilienbranche ein politisches Maßnahmenpaket zum Wohnungsneubau vorgestellt. Ziel ist ein deutliches Absenken von Kaltmieten für Neubauwohnungen. Neu gebaute Mietwohnungen in Großstädten und Metropolregionen sollen dadurch auch für Durchschnittsverdiener wieder bezahlbar werden, so das Verbändebündnis Wohnungsbau.

In ihm haben sich der Deutsche Mieterbund (DMB), die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB), der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) und die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM) zusammengeschlossen.

Die vom Verbändebündnis Wohnungsbau auf dem 6. Wohnungsbau-Tag vorgestellte Studie „Mietwohnungsbau 2.0 – Bezahlbarer Wohnraum durch Neubau“ des Pestel-Instituts zeigt auf, was sich ändern muss, um einen mit niedrigeren Mieten attraktiven Wohnungsneubau zu erreichen. Die Wissenschaftler kommen zu dem Ergebnis, dass eine Verbesserung der steuerlichen Abschreibungsbedingungen, eine Reduzierung der Baulandkosten und verbesserte Finanzierungskonditionen einen enormen Preiseffekt auf dem Mietwohnungsmarkt hätten.

Im Idealfall könnten die Kaltmieten in Neubauten um bis zu 4,14 € pro m² gesenkt werden, rechnen die Wissenschaftler des Pestel-Instituts in ihrer Studie vor. Notwendig hierfür wäre in dem Paket kombinierter Maßnahmen insbesondere die Einführung einer linearen Abschreibung (AfA) in Höhe von 4 % jährlich.
 
Rechnen würde sich dies für den Staat ohnehin, so das Verbändebündnis Wohnungsbau. Immerhin fließe beim Mietwohnungsbau rund ein Drittel der Investitionssummen über Steuern und Sozialabgaben zurück an den Staat. So ermittelt das Pestel-Institut am Beispiel eines neu gebauten Mehrfamilienhauses mit 12 Wohneinheiten Gesamtkosten von 2,6 Mio. €. Davon gehen, so das Institut, knapp 470.000 € an Steuern in die Staatskasse und weitere 406.000 € an die Sozialkassen.

Das Pestel-Institut weist in seiner Studie nach, dass in den Problemregionen, zu denen Großstädte und Ballungsräume gehören, bundesweit rund 40.000 Mietwohnungen pro Jahr zusätzlich neu zu bauen sind, um dem steigenden Bedarf gerecht zu werden. Diese Neubauwohnungen müssten für Durchschnittsverdiener bezahlbar sein. Damit mehr Wohnungsneubau im mittleren Preissegment entstehe, sei es dringend notwendig, die politischen Rahmenbedingungen zu ändern.

Zum 6. Wohnungsbau-Tag hat das Verbändebündnis darüber hinaus die Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen (ARGE) in Kiel beauftragt, die Baupraxis unter die Lupe zu nehmen. Das Ergebnis der ARGE-Untersuchung „Optimierter Wohnungsbau“ wurde ebenfalls am Mittwoch in Berlin vorgestellt. Aus ihr geht hervor, dass insbesondere gestiegene Energiespar-Auflagen und kommunale Vorgaben – beispielsweise für Stellplätze – die Baukosten in den vergangenen Jahren deutlich nach oben getrieben haben.

Hinzu kommen höhere logistische Kosten, die das Bauen in Innenstädten mit sich bringt. So schlage ein Mehrfamilienhaus, das in der Innenstadt mit den hohen gesetzlichen Energiesparauflagen (EnEV ab 2016) gebaut werde, mittlerweile mit Baukosten von 2422 € pro m² Wohnfläche zu Buche, rechnet die ARGE vor. Hierbei seien noch nicht einmal die Grundstückskosten berücksichtigt.

Zudem präsentierte die ARGE einen detaillierten Kostenkatalog, der transparent macht, was beim Neubau von Mehrfamilienhäusern durchschnittlich pro m² Wohnfläche wie viel kostet – von der Tiefgarage (292 €/m²) über das Kellergeschoss (122 €/m²) und den Aufzug (68 €/m²) bis zur Dachbegrünung (41 €o/m²).

Die ARGE Kiel warnt davor, dass der Wohnungsbau noch in dieser Legislaturperiode des Bundestages – also bis 2017 – zurückgehen werde, wenn politisch nichts passiere. Dann würden Haushalte mit mittleren und unteren Einkommen nur eine Chance auf Wohnungen haben, wenn sie bereit seien, auf Wohnfläche zu verzichten. Ebenso auf Ausstattungen, die zum Energiesparen beitragen und Wohnungen altersgerecht machen.

Die sieben Organisationen und Verbände des Wohnungsbau-Bündnisses sehen ihr in Berlin vorgelegtes Maßnahmenpaket als konkrete Vorschläge, um das von Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) im Sommer ins Leben gerufene „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“ mit Leben zu füllen. Mehr dazu unter www.wohnungsbautag.de Hier sind auch die Pestel-Studie („Mietwohnungsbau 2.0 – Bezahlbarer Wohnraum durch Neubau“) und die Praxis-Untersuchung der ARGE („Optimierter Wohnungsbau“) online nachzulesen.
 

Thematisch passende Artikel:

BFW fordert: Umsetzung von Bündnis-Maßnahmen statt Wahlkampf!

„Die Ankündigung der Bundesregierung, die steuerliche Förderung bei der Gebäudesanierung des Bestandes voranbringen zu wollen, ist ein gutes Signal. Davon wird jedoch keine einzige neue Wohnung...

mehr

Wohnungsbautag in Berlin: Deutschland am „Miet-Limit“ – Einkommen reicht für immer weniger Wohnfläche

Wohnungsmangel durchdringt Deutschland: Die neue Wohnungsknappheit ist mittlerweile in 138 Städten und Kreisen angekommen – in einem Drittel der Kommunen. Hier steht die „Wohnungs-Ampel“ auf Hell-...

mehr

BFW: Neubaubremse gelöst – Modifikationen der Mietpreisbremse richtig und wichtig

Die Fraktionsspitzen der großen Koalition, Thomas Oppermann und Volker Kauder, haben sich nach langen Beratungen bei der Mietpreisbremse geeinigt. Der Gesetzentwurf zur Mietpreisbremse soll aller...

mehr

Der Weg aus Krise: Mehr Förderung – einfacher bauen

Der Wohnungsbau steckt tief in der Krise. Die Folgen davon werden die deutsche Wirtschaft insgesamt hart treffen. Davor haben Experten auf dem Wohnungsbau-Tag gewarnt. Zwei Wohnungsbau-Studien, die...

mehr

Deutschland braucht einen Masterplan für den Miet- und Sozialwohnungsbau und für neues Bauland

Prognos-Studie: „Engpass Bauland – Austrocknung der Märkte droht“

Deutschland baut – viel zu wenig. Es baut zu teuer. Und viel zu oft jwd. Das Wohnen ist längst für einen guten Teil der Bevölkerung zur alles entscheidenden sozialen Frage geworden, so das Fazit...

mehr