Menschen stärken, Chancen gestalten, KI verstehen
Die Arbeitswelt wandelt sich rasant: Neue Technologien schaffen zusätzliche Potenziale, stellen Mitarbeitende aber auch vor veränderte Anforderungen. Wie können Menschen und Organisationen in dieser Dynamik Chancen nutzen und zukunftsfähig bleiben? Wir haben mit Sabrina Dick, Chief People & Culture Officer bei Aareon, darüber gesprochen, wie Unternehmen Lernen, KI-Kompetenz und Vertrauen als Erfolgsfaktoren der Zukunft begreifen können.
Immer wieder neue Technologien und das immer schneller. Was bedeutet das für die Arbeitswelt?
Sabrina Dick: Wir erleben einen tiefgreifenden Wandel. Neue Technologien, insbesondere Künstliche Intelligenz, beeinflussen nicht nur, wie wir arbeiten, sondern auch, was wir als Menschen in unsere Arbeit einbringen können, denn Aufgabenbereiche verändern sich. Diese Entwicklung ist faszinierend und schafft neue Perspektiven und Chancen. Gleichzeitig verlangt sie von uns, dass wir uns immer wieder neu ausrichten. Zukunftsfähigkeit bedeutet deshalb, offen und neugierig zu bleiben, bereit sein zu lernen und in seiner eigenen persönlichen Entwicklung zu wachsen.
Früher sprach man viel von „Lebenslangem Lernen“. Heute hören wir zunehmend Begriffe wie Zukunftsfähigkeit oder Empowerment. Was bedeutet das?
Sabrina Dick: Lebenslanges Lernen ist essenziell, aber es greift zu kurz. Es geht nicht nur um den stetigen Know-How-Aufbau, sondern darum, Menschen zu befähigen – also zu empowern –, ihre Stärken einzubringen und Veränderungen aktiv mitzugestalten. Wir sprechen bei Aareon deshalb von Zukunftsfähigkeit: der Fähigkeit, sich selbst, das Team und die Organisation auf neue Anforderungen vorzubereiten. Dafür braucht es Mut, Neues zu lernen, sowie Selbstverantwortung und Vertrauen – Vertrauen in sich selbst, aber auch seitens der Führungskräfte. Natürlich müssen Unternehmen hierfür die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen.
Was heißt das konkret für Führungskräfte?
Sabrina Dick: Führung verändert sich massiv. Früher war sie stark durch Steuerung geprägt, heute geht es um Befähigung, um als Team bestmöglich zu performen. Führungskräfte tragen Verantwortung dafür, dass Lernen und Weiterentwicklung Teil des Alltags sind. Das heißt, sie schaffen eine Kultur des Vertrauens, in der Fragen erlaubt sind, Fehler besprochen werden dürfen und neue Ideen entstehen können. Ein zentraler Begriff ist hier die psychologische Sicherheit, also das Gefühl, sich ohne Angst vor Bewertung einbringen zu können.
KI ist in aller Munde und hebt die Arbeitswelt auf ein neues Level. Wie erleben Sie das bei Aareon?
Sabrina Dick: Ja, das stimmt. Es ist in der Tat faszinierend, zu erleben, wie KI einen bei der täglichen Arbeit unterstützen kann. Bei
Aareon ist es in unserer Unternehmens-DNA verankert – und das seit unseren Ursprüngen in den 50er Jahren – neue Technologien proaktiv zu nutzen, um Mehrwerte für unsere Kundschaft zu schaffen. So ist es jetzt auch mit KI. Dabei verstehen wir KI als festen Bestandteil vieler Arbeitsprozesse. Doch entscheidend ist, dass wir KI nicht nur als Tool, sondern als Kompetenz begreifen. Wir wollen hier alle Mitarbeitenden mitnehmen. Gerade bei uns als Softwareunternehmen ist die Spanne sehr groß: Da gibt es die Mitarbeitenden – vor allem in Entwicklung und IT –, die allein aufgrund ihres Jobs bereits KI-Expertinnen und -Experten sind, und auch die, die sich noch mehr einarbeiten wollen. Unternehmensseitig ist es relevant, diesen Prozess zu unterstützen.
Und wie stellen Sie sicher, dass sie alle Mitarbeitenden in diesem Prozess mitnehmen?
Sabrina Dick: Wir fördern das strategisch und gezielt – beispielsweise durch interne Lernpfade, praxisnahe Lern-Sessions und Initiativen wie unseren internationalen gruppenweiten AI-Day – also „KI-Tag“ – an rund 20 Standorten. Das schafft Transparenz, Vertrauen und Begeisterung. KI erweitert unsere Möglichkeiten. Entscheidend ist, dass wir sie mitdenken und gestalten. Deshalb müssen Lernen und Weiterentwicklung als Chance verstanden werden und nicht als Pflicht. Wenn Mitarbeitende spüren, dass sie durch Lernen und Kompetenzausbau selbst mehr gestalten können, entstehen Eigenverantwortung und Motivation.
Was empfehlen Sie anderen Unternehmen?
Sabrina Dick: Unternehmen müssen sich mit KI befassen und eine Strategie entwickeln, um die Mitarbeitenden zu informieren, zu sensibilisieren und zu befähigen. Gleichzeitig ist es essenziell, dass Mitarbeitende KI erleben und ausprobieren können. Denn dann spüren sie schnell den Nutzen und die Vorteile. Aareon hatte hierzu beispielsweise die KI-Expedition als Veranstaltungsreihe für Kundinnen und Kunden angeboten. Das kam sehr gut an. Ebenso höre ich von meinen Kolleginnen und Kollegen aus KI-Kundenprojekten, dass die Rückmeldung zu den neuen KI-Assistenzen sehr positiv ist.
Welche Auswirkungen hat KI auf den Zuschnitt von Aufgaben, gegebenenfalls auch auf die Organisationsstruktur?
Sabrina Dick: Wie schon bei früheren technologischen Entwicklungen verändert auch KI unsere Arbeitsweise, dies allerdings auf einer neuen Ebene. In den 90er-Jahren war es beispielsweise eine kleine Revolution, als E-Mails das Faxgerät ablösten. Plötzlich konnten Informationen direkt versendet, anstatt zeitintensiv kopiert und verteilt zu werden. Das hat ganze Kommunikationswege und Aufgabenprofile verändert.
Mit KI erleben wir nun einen ähnlich tiefgreifenden Wandel, aber diesmal auf der intelligenten Ebene. KI kann uns Routinetätigkeiten abnehmen, etwa beim Zusammenfassen von Informationen oder bei der Analyse von Daten. Sie kann Prozesse vereinfachen, indem sie bei Anfragen die Anliegen erkennt, automatisch erfasst und Vorschläge für die weitere Bearbeitung macht. Darüber hinaus kann sie aber auch als Sparringpartner agieren: Sie hilft, Ideen zu entwickeln, Gedanken zu strukturieren oder Präsentationen zu schärfen. Dadurch verschiebt sich der Fokus vieler Tätigkeiten: Weg von der reinen Ausführung hin zu Reflexion, Bewertung und Gestaltung. Wenn man so will, wird KI zu einer Art digitalem Teammitglied, das uns unterstützt, Denkanstöße gibt und Routinen erleichtert. Das schafft aus meiner Sicht mehr Freiraum für die menschliche Interaktion.
Erleben Sie Verunsicherungen bei den Mitarbeitenden durch den Einsatz von KI? Und was bedeutet das kulturell?
Sabrina Dick: Das ist unterschiedlich, da sich bei uns im Unternehmen ohnehin der Großteil der Belegschaft mit neuen Technologien und Transformationsprozessen befasst. Und dass Veränderungen zu Verunsicherungen führen können, ist menschlich und auch sozialpsychologisch durch das eventuell vorhandene Gefühl eines Kontrollverlusts absolut nachvollziehbar. Daher sind Transparenz, Austausch und einfach das Ausprobieren neuer Technologien so wichtig. Kulturell bedeutet das folgendes: Wenn Menschen Sinn in ihrem Tun sehen, wenn sie verstehen, welchen Beitrag ihre Arbeit leistet, lernen sie selbstverständlicher, übernehmen mehr Verantwortung und gehen neugieriger und mutiger neue Wege. Führung, Lernen und Sinn gehören deshalb zusammen. Das ist für mich die Grundlage einer starken, zukunftsfähigen Organisation.
Welche Chancen sehen Sie durch KI für die Arbeitswelt?
Sabrina Dick: Wie schon gesagt, können Mitarbeitende sich auf interessantere Aufgaben fokussieren. Im Spannungsfeld von demografischem Wandel, Fachkräftemangel und Kostendruck wird es zudem immer schwieriger werden, solche Tätigkeiten noch nachzubesetzen. Für Unternehmen wird KI somit zum erfolgskritischen Faktor.
Studien zeigen aber auch, dass intensive KI-Nutzung das menschliche Gehirn beeinflussen kann. Wie sehen Sie das?
