Feinstaub

Was außer der
Lüftungsnorm noch zählt

Ist in einem Neubau oder nach einer energetischen Sanierung eine Lüftungsanlage erforderlich? Das Einhalten der Mindestluftwechselrate ist hier nur ein Entscheidungskriterium von vielen, wie die Debatte über die Feinstaubbelastung in Städten zeigt. Maßgebend für ein gesundes Innenraumklima ist ebenso, die Raumluft von Schwebestoffen rein zu erhalten. 

Diskussionen mit Bauherren oder Investoren, ob eine mechanische Lüftung wirklich erforderlich ist oder eine manuelle Lüftung eventuell auch ausreicht, kennen Planer nur zur Genüge: Um Kosten zu sparen, wird nicht selten auf eine kontrollierte Wohnungslüftung verzichtet. Die DIN 1946-6 macht zwar klare Vorgaben zum Luftwechsel und die EnEV definiert Standards zur Reduzierung von Wärmeverlusten. Allerdings bleiben Spielräume, eine Lüftungsanlage als nicht erforderlich „wegzurechnen“.

Doch in der öffentlichen Wahrnehmung der Gebäudenutzer hat die Debatte um Feinstaub und Stickoxide durch den Straßenverkehr bei Verbrauchern zwischenzeitlich ein neues Bewusstsein für den Wert einer belastungsfreien Raumluft erzeugt. Und das ist gut so, denn es gibt erheblich mehr Aspekte zur Raumluftqualität zu berücksichtigen als nur Lüftung für den Feuchteschutz, die Regulierung des CO2-Gehalts und die Abfuhr von Raumschadstoffen.

Filtration der Außenluft

Die Feinstaubbelastung steht in der öffentlichen Wahrnehmung stellvertretend für die Luftqualität als solche. Lüftungsanlagen mit entsprechenden Filtern erlauben es Bewohnern in belasteten Gebieten zu lüften, ohne dass Feinstaub in die Wohnung gelangt. Allerdings gehen die Feinstaub-Emissionen in Deutschland kontinuierlich zurück und übersteigen die Grenzwerte vorwiegend nur in Ballungszentren. Ist somit die Filtration der Außenluft außerhalb von Großstädten überhaupt notwendig für die Gesundheit und den Komfort? Diese Frage muss mit einem eindeutigen „Ja“ beantwortet werden. Zum einen, weil in Deutschland die größten Feinstaub-Emissionen nicht vom Verkehr stammen, sondern von den beliebten Holzfeuerungen, wie Kaminöfen, so eine Auswertung des Umweltbundsamtes (UBA). Damit ist Feinstaub also auch in ländlichen Gebieten ein Thema. Zum anderen, weil es nach Aussage der Weltgesundheitsorganisation (WHO) keinen Grenzwert gibt, ab dem negative Folgen für die Gesundheit ausgeschlossen werden können, so zu lesen im Umwelt und Mensch – Informationsdienst (UMID, Ausgabe März 2017).

Doch auch andere Schwebestoffe in der Au­ßen­luft belasten das menschliche At­­mungs­­system. Schwermetalle, die sich an Feinstaub anheften, sind nur ein Beispiel, Pollen ein weiteres. Gerade Allergiker reagieren auf unterschiedliche Partikel in der Außenluft. Und Allergene sind auf dem Vormarsch, bestätigt ein Positionspapier der Kommission Umweltmedizin am Robert Koch-Institut: „Wenn in Deutschland bei fast jedem Dritten im Laufe seines Lebens eine allergische Erkrankung auftritt und bei der Hälfte der Bevölkerung eine allergische Sensibilisierung nachgewiesen wurde, so muss von einer wichtigen, häufigen und die Lebensqualität Vieler beeinträchtigenden Volkskrankheit gesprochen werden. Jede Verharmlosung des Problems verbietet sich angesichts der dokumentierten Situation.“

Die Filtration der Außenluft durch Lüftungsanlagen stellt somit einen Gesundheitsgewinn dar, der auf Sicht genauso elementar ist wie die wärmespendende Heizung oder die trinkwasserhygienisch optimierte Sanitärinstallation. Auch aus diesem Grund hat der Gesetzgeber die Prüfung und Klassifizierung von Filtern für Lüftungsanlagen umgestellt. Die Effizienz der Partikelabscheidung wird seit 2017 nicht mehr nach der Norm EN 779 bewertet. Nun gilt die ISO 16890 und bildet in der Filterprüfung die Belastungen durch Schwebestoffe in der Außenluft realistischer ab – bis hin zu kleinsten Partikeln von 1 μm. Sie kommen in der Luft in Form von Bakterien, Viren, Verbrennungsemissionen und anderen Nanopartikeln vor.

Abtransport belasteter Raumluft

Reichlich Emissionsquellen, die die Raumluft belasten, finden sich ebenso im Gebäude selbst. Baustoffe und Einrichtungsgestände geben in unterschiedlicher Konzentration Stoffe in die Luft ab. Besonders in Neubauten und nach umfangreichen Renovierungen ist die Konzentration von Schad- und Schwebestoffen in der Raumluft hoch. Die einzig wirksame Gegenmaßnahme ist ein kontinuierlicher Luftaustausch, wie ihn eine mechanische Wohnungslüftung herstellt.

Eine noch größere Bedrohung für das Innenraumklima stellen außerdem Schimmelpilze dar. Immer häufiger treten verdeckte Schimmelbildungen in Neubauten auf. Ein wesentlicher Grund ist, dass aus wirtschaftlichen Gründen die erforderlichen Trocknungszeiten einem frühzeitigen Bezugstermin geopfert werden.

In sanierten Gebäuden mit neuen, gut abgedichteten Fenstern reicht zudem in der Regel die manuelle Lüftung nicht mehr aus, um einen hygienisch notwendigen Luftaustausch sicherzustellen. Als Konsequenz steigt die Luftfeuchtigkeit an, sodass dem Wachstum von Schimmelpilzen ein ideales Milieu geboten wird. Der hohe Feuchtigkeitseintrag durch Baustoffe im Zuge der Sanierungsarbeiten vergrößert das Problem zusätzlich. (Dem Thema „Regulierung der Raumluftfeuchte“ widmet sich der zweite Teil dieser Artikelserie).

Hier wirken Lüftungsanlagen gleich in mehrfacher Hinsicht einer gefährlichen Verunreinigung der Raumluft entgegen. Zum einen wird die mit Feuchtigkeit angereicherte Raumluft automatisch und kontinuierlich abgeführt. Zum anderen werden Schimmelsporen, die in den Raum abgegeben wurden, direkt nach draußen transportiert.

Die hohe gesundheitliche Relevanz von Schimmelabsonderungen für das Innenraumklima unterstreicht in diesem Zusammenhang auch das UBA in einem Leitfaden zum Thema Schimmelbefall in Gebäuden (Stand: November 2017): „Bevölkerungsbezogene Studien haben hinreichend gezeigt, dass Menschen, die Feuchte/Schimmel in Innenräumen ausgesetzt sind, einem erhöhten Risiko vielfältiger Atemwegserkrankungen unterliegen. […]. Bei Kindern mit bestehendem Asthma wird nach neueren Studien ein kausaler Zusammenhang von Schimmelbefall mit einer Verschlimmerung der Erkrankung konstatiert.“

Fast 9 % der Erwachsenen und nahezu 5 % der Kinder in Deutschland sind Asthmatiker – Tendenz steigend. Eine kontrollierte Wohnungslüftung ist somit ein wesentlicher Beitrag zur Linderung, zum Teil sogar Prävention von allergischen Reaktionen des menschlichen Atmungsapparates.

„Umweltgift“ Lärm

Gemäß der Gesundheitsberichtserstattung des Bundes, erarbeitet vom Robert Koch In­stitut aus dem Jahr 2014, heißt es: „Fast jeder zweite Erwachsene in Deutschland fühlt sich zu Hause durch Lärm belästigt.“ Über den Komfortverlust hinaus lautet eine Kernaussage in dem Bericht: „Eine starke bis äußerst starke Lärmbelästigung geht mit Beeinträchtigungen der körperlichen und psychischen Gesundheit einher.“

Eine bedarfsgerechte Lüftung, ohne die Fenster dafür öffnen zu müssen, ist demnach nicht nur ein Komfortgewinn. Auch die Gesundheit der Bewohner profitiert davon.

Zusammenfassung

Die Feinstaubdebatte hat die Bevölkerung in puncto Luftqualität sensibilisiert. Fakt ist aber, dass über dieses populäre Thema weit hinaus zahlreiche Ursachen die Innenraumluft belasten können und ernstzunehmende Gesundheitsrisiken bergen. Ob in einem Gebäude eine Lüftungsanlage eingebaut werden sollte oder nicht, ist also nicht in erster Linie unter den Aspekten „Energieeffizienz nach EnEV“ und dem „Lüftungskonzept nach DIN 1946-6“ zu bewerten. Die eigentliche Aufgabe einer Lüftungsanlage ist schließlich, ein ideales Raumluftklima herzustellen. Und dabei stehen das Filtern schädlicher Stoffe aus der Außenluft und der Abtransport belasteter Innenluft im Vordergrund. Komfort und Gesundheit als Vorteile für die nachhaltige Gebäudenutzung sollten Planer daher mit den Bauherren und Investoren intensiv diskutieren.

Weitere Informationen unter www.systemair.de

Lüftungsanlagen mit entsprechenden Filtern erlauben es
Bewohnern in belasteten Gebieten zu lüften, ohne dass Feinstaub in
die Wohnung gelangt.

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