Nachgefragt bei RA Alexander Rychter, M. A., Verbandsdirektor des VdW Rheinland Westfalen

Nordrhein-Westfalen denkt beim Thema Energieeffizienz über die Pflicht zu erneuerbaren Energien im Gebäudebestand nach. Der VdW Rheinland Westfalen schlägt hingegen einen Klimapakt vor. BundesBauBlatt-Redakteurin Christina Langer traf Alexander Rychter, Verbandsdirektor des VdW Rheinland Westfalen, dem größten Regionalverband im GdW.

BBB: Das neue Jahr ist noch jung. Welche guten Vorsätze haben Sie sich als Verbandsdirektor für den VdW Rheinland Westfalen vorgenommen?

AR: Das ganz wichtige Thema für das kommende Jahr wurde schon im Koalitionsvertrag der  rot-grünen NRW-Landesregierung vom 6. Juli 2010 gesetzt, nämlich mit der Ankündigung, die  Länderöffnungsklausel des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz des Bundes nutzen zu wollen. Ein Klimaschutzgesetz NRW ist nun in Arbeit. Der Bund hatte ja seinerzeit in dem EEWärmeG ganz bewusst den Wohnungsbestand ausgenommen. Denn der Bestand sollte in der Effizienz, etwa durch Dämmung und Gebäudetechnik, verbessert werden, es ging weniger um den Anteil der erneuerbaren Energien. Die Länderöffnungsklausel erlaubt den Bundesländern, selber zu entscheiden, ob sie die erneuerbaren Energien im Bestand zur Pflicht machen wollen oder nicht.

BBB: Baden-Württemberg hat davon Gebrauch gemacht, seit Juli 2011 kennen wir die Ergebnisse nach einem Jahr.

AR: Im Koalitionsvertrag steht, dass NRW die Erfahrungen aus Baden-Württemberg auswerten möchte, um auf dieser Grundlage eine gesetzliche Regelung für NRW einzuführen. Wir haben in den vergangenen Monaten viele Gespräche dazu geführt, um mit der Landesregierung zu diskutieren, ob in NRW Ordnungsrecht in diesem Bereich wirklich zwingend notwendig ist. Wir haben die ernste Sorge, dass weitere ordnungsrechtliche Verschärfungen am Ende die Mieterhaushalte noch mehr belasten. Schon jetzt können viele Mieterinnen und Mieter in NRW höhere Mieten kaum verkraften, weshalb viele Mitgliedsunternehmen die Kosten einer Modernisierung oft nicht mehr auf sie umlegen können. Und verschärfte Anforderungen würden zu noch höheren Kosten führen. Wir glauben, dass nach dem Vorbild aus Berlin oder Schleswig-Holstein die echte Chance besteht, eine Vereinbarung mit dem Land zu schließen, etwa in einem Klimapakt, in dem sich beide Seiten auf gemeinsame Ziele verständigen. Es geht darum, festzustellen, wo wir stehen, wie wir die gemeinsamen Ziele erreichen, den Unternehmen aber bei der Erlangung dieser Ziele weitgehende Freiheiten lassen können, ohne ordnungsrechtliche Regelung.

BBB: Welche Vorsätze empfehlen Sie der Bundesregierung?

AR: Nachdem die EnEV 2009 erst seit kurzer Zeit in Kraft ist, findet bereits jetzt eine intensive Diskussion um eine nochmalige Verschärfung im Rahmen der EnEV 2012 statt. Das lehnen wir entschieden ab. Ich meine, wir haben dafür gute Gründe – werfen Sie nur einen Blick auf die Entwicklung der Abrufezahlen der KfW in den zurückliegenden Monaten, die deutlich zurückgegangen sind. Ähnliche Entwicklungen können wir teilweise auch in den Förderprogrammen der Länder beobachten.

BBB: Wo liegen Ihrer Meinung nach die Gründe?

AR: Für den Rückgang gibt es nach meinem Dafürhalten drei zentrale Ursachen: Die eine ist sicher, dass wir immer noch in einer Niedrigzinsphase sind. Viele Unternehmen finanzieren ihre Bau- und Modernisierungsvorhaben am Kapitalmarkt, ohne förderpolitische Auflagen, die sie erfüllen müssten, wenn sie öffentliche Mittel in Anspruch nähmen. Zweitens sind wir  inzwischen an einem Punkt angelangt, wo in bestimmten Teilmärkten höhere Mieten nach einer Modernisierung schlichtweg nicht mehr durchgesetzt werden können. Drittens – und das ist der entscheidende Punkt – birgt es einfach Schwierigkeiten, wenn die Bundesregierung kurz hintereinander ordnungsrechtliche Anforderungen und Ziele ändert: Im Herbst 2010 verabschiedet sie ein Energiekonzept, im Frühjahr 2011 beschließt sie die Energiewende. Im Herbst/Winter kam das Hin und Her bei der Frage um die steuerliche Förderung von Sanierungsvorhaben hinzu. Solche Entwicklungen hinterlassen schlichtweg Spuren.

BBB: Was muss denn passieren, dass die Energiewende funktioniert?

AR: Wir haben es bei der Wohnimmobilie mit einem langfristigen Wirtschaftsgut zu tun. Dazu gehören lange Planungszeiträume und ein sehr langer Produktlebenszyklus. Das verträgt sich nicht damit, dass sich zum Beispiel innerhalb eines Jahres vier Mal die Koordinaten im CO2-Gebäudesanierungsprogramm verändern, womit ich nicht die Zinssatzanpassungen meine. Die Unternehmen werden auf diese Weise verunsichert und investieren deshalb weniger. ↓

BBB: Welche konkreten Rahmenbedingungen fordern Sie?

AR: Mit der EnEV 2009 muss der Schlusspunkt der immer höheren Anforderungen erreicht sein! Wir wissen, dass die EU-Gebäuderichtlinie, die Deutschland im Sommer national umsetzen muss, eine Reihe von Punkten vorschreibt. Das bedeutet aber noch nicht, dass wir gleichzeitig eine quantitative Verschärfung um 30 % gegenüber der EnEV 2009 durchsetzen müssen. Wir haben mit der EnEV 2009 ein Level erreicht, das in Teilmärkten mit niedrigen Mietniveaus, in denen der Strukturwandel stärker ausgeprägt ist und in denen tendenziell geringere Einkommensschichten zu finden sind, nicht mehr wirtschaftlich ist. Die Unternehmen fragen sich, ob eine Sanierung in diesen Bereichen Sinn macht.

BBB: Trifft das Ihrer Meinung auch auf den Bereich des Neubaus zu?

AR: Ja, ich beobachte das auch beim Neubau. Wir hatten in den letzten Jahren starke Kostenentwicklungen, die Energie- und Rohstoffpreise – zum Beispiel beim Baustahl – sind stark angezogen. Bauen ist teurer geworden. Damit sind im Übrigen auch die Förderbedingungen unattraktiver geworden, weil die Förderpauschale in NRW nicht angepasst wurde – um 13 % hat die Attraktivität in den vergangenen drei Jahren abgenommen. Zurück zum Neubau: 2009 hatten wir das niedrigste Neubauniveau seit dem Krieg. Zurzeit liegen wir leicht darüber. Diese kleine Steigerung liegt meiner Meinung nur daran, dass die Menschen Angst um die Stabilität des Währungssystems, um den Euro, um ihre Ersparnisse haben. Deswegen gibt es etwas mehr Wohnungsneubau vor allem im Bereich des selbstgenutzten und höherpreisigen Wohnens.

BBB: Das Jahr 2012 wird Jahr Eins nach Einstellung des KfW-Förderprogramms Altersgerecht Umbauen sein. Wie wird man das merken?

AR: Das ist es ja nur bedingt. Die KfW hat im November 2011 angekündigt, dass sie das Programm in etwas veränderter Form mit Eigenmitteln fortsetzen will, was ich persönlich außerordentlich begrüße. Das ändert aber nichts daran, dass ich die Entscheidung der Bundesregierung schade finde. Das KfW-Programm „Altersgerecht Umbauen“ wurde 2009 aus den Konjunkturmitteln des Bundes finanziert und es war von vornherein klar, dass es 2011 beendet sein wird. Der demografische Wandel aber wird nicht beendet sein. Wir stehen vor erheblichen Herausforderungen im Wohnungsneubau, vor allem aber bei der Anpassung des Wohnungsbestands. Bis 2030 rechnet die Kommission „Wohnen im Alter“ mit 1,1 Mio. pflegebedürftigen Menschen in Deutschland. Das Institut InWIS hat berechnet, dass bis dahin 800 000 altersgerechte Wohnungen benötigt werden. Das Programm ist zum 1. April 2009 gestartet und es wurden bereits mehr als 60 000 Wohneinheiten umgebaut. Das ist nicht wenig. Momentan ist es aber doch leider so: Es besteht eine enorme Unwucht zwischen der Förderung zugunsten des Klimaschutzes und der zur Bewältigung des demografischen Wandels. Wir brauchen aber eine gute Balance in der Förderung, um beide Ziele erreichen zu können.

BBB: Stichwort Mietrecht. Wann kommt endlich der Durchbruch?

AR: In diesem Sommer ist eine erste Chance vertan worden. Wäre die Mietrechtsnovelle, die ja vor allem das Ziel hat, energetische Modernisierungen zu erleichtern, in das Klimagesetzespaket der Bundesregierung einbezogen worden, hätten wir jetzt vermutlich schon ein „energetisch optimiertes“ Mietrecht. Alles in allem begrüßen wir aber den im November vorgestellten Referentenentwurf, er ist ein Schritt in die richtige Richtung, gerade im Bereich des Contractings aber bietet er zu wenig.

BBB: Welche Kooperationen und Events geht der VdW Rheinland Westfalen in diesem Jahr an?

AR: Gemeinsam mit zwei weiteren Verbänden waren wir als BSI NRW erstmals mit einem „Treffpunkt Wohnungswirtschaft“ auf der Messe DEUBAU in Essen vertreten. Außerdem setzen wir unser neues Konzept für das „Forum Wohnungswirtschaft“ fort, bei dem wir unseren Mitgliedsunternehmen in enger Zusammenarbeit mit dem größten Ausbildungsanbieter der Branche, dem EBZ – Europäisches Bildungszentrum – ein breit gefächertes Angebot an Workshops bieten.

BBB: Auf Bundesebene ist die BSI bekannt. Sie sprechen nun von der BSI NRW, also einem Zusammenschluss von Immobilienverbänden auf Landesebene. Wird diese Kooperation in Zukunft wichtiger werden?

AR: Diese Zusammenarbeit ist schon jetzt wichtig, um auch auf Landesebene besser auf die Probleme und Anliegen der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft hinweisen zu können. Wir sind da auf einem guten Weg, der gemeinsame Auftritt auf der DEUBAU war ein weiterer Schritt.

BBB: 2011 waren Sie mit dem VdW Rheinland Westfalen das erste Mal mit einem eigenen Stand auf der EXPO REAL vertreten. Wie ist es gelaufen und wollen Sie dieses Engagement im kommenden Jahr fortsetzen?

AR: Stimmt, wir hatten einen gemeinsamen Stand mit NRW.BANK, NRW.Invest, NRW.Urban und Architektenkammer NRW. Diese Zusammenarbeit möchten wir unbedingt fortsetzen, aus meiner Sicht war der Auftritt ein voller Erfolg. Neben Landesbauminister Harry K. Voigtsberger, NRW-Innenminister Ralf Jäger und zahlreichen Bundestagsabgeordneten aus Nordrhein-Westfalen haben wir dort viele Mitgliedsunternehmen begrüßen können.

BBB: Herzlichen Dank für das Gespräch.

Mit der EnEV 2009 muss der Schlusspunkt der immer höheren

Anforderungen erreicht sein!

Es besteht eine enorme Unwucht zwischen der Förderung zugunsten des Klimaschutzes und der zur Bewältigung des demografischen Wandels.

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