Digitalisierung

Drei Erfolgsfaktoren für den digitalen Wandel

Bei der Digitalisierung lohnt es sich, Prozessketten ins Visier zu nehmen. Doch zuvor stehen grundsätzlichere Aufgaben an. Die wichtigste: Alle Mitarbeiter:innen ins Boot holen.

In der Coronapandemie wurde schmerzhaft deutlich, wie wenig Papierumlauf, Aktenordner und eine altmodische IT-Landschaft mit dem Arbeiten im Homeoffice zusammenpassen. Während im Frühjahr 2020 manch Unternehmen noch mit der Beschaffung von Laptops und deren Integration ins VPN-Firmennetz beschäftigt war, arbeiteten andere, digital aufgestellte, schon längst dezentral.

Doch die Herausforderungen lagen nicht nur auf technischer Seite. Wer hatte schon Erfahrung mit virtueller Zusammenarbeit? Welche Führungskraft hat nicht kurz gezuckt bei der Vorstellung sinkender Produktivität und Motivation?

Eine unberechtigte Sorge. Mit Mut, Solidarität und gegenseitigem Vertrauen wurden viele Hürden gemeistert. Dazu kam ein enormer technischer Schub. Digitale Tools werden heute selbstverständlich für Videokonferenzen genutzt. Man hat erfahren, wie gut ein digitales Whiteboard funktioniert und wie kreativ und produktiv man auch als virtuelles Team sein kann.

Durchgehend digitale Prozesse – noch eine Seltenheit

Doch es gibt noch Defizite, sowohl in der Digitalisierung als auch bei den Rahmenbedingungen. Zu diesem Schluss kommt die Studie „Zielbild 2025 der Wohnungswirtschaft“ von Deloitte. Handlungsbedarf sehen die meisten der befragten Unternehmen – große und mittelgroße mit hohem digitalen Reifegrad – bei der Schaffung einer digitalen Unternehmenskultur und zu Ende gedachten Prozessen. Denn nicht alles, was digital angestoßen wird, führt der nächste Bereich auch so fort, die IT-Landschaft ist ebenso wenig einheitlich. Das ist auch einem Silodenken geschuldet.

Digitalisierungsvorhaben in Zukunft so planen, dass Aufgaben fallabschließend und „end to end“ digital bearbeitet werden, sollten sich alle Unternehmen vornehmen. Kleinere Betriebe haben den Vorteil, dass sich die gesamte Belegschaft kennt. Abteilungen arbeiten Tür an Tür und man weiß um die Nöte der anderen. Für eine integrierte Digitalstrategie ist das förderlich.

Erfolgsfaktor 1: Chancen in der Digitalisierung sehen

Denn Digitalisierung erfordert das richtige Mindset – ein Wissen und eine Denkhaltung, die alle teilen. Das digitale Mindset umschließt das Verständnis, was Digitalisierung bedeutet – strategisch, für die Mitarbeitenden, für die Kund:innen – und was sich damit erreichen lässt. Wer den persönlichen Nutzen erkennt, kann dem neuen Weg leichter folgen. Daher muss der Wandel zuerst in den Köpfen stattfinden.

Dass eine Organisation durch die Digitalisierung effizienter und flexibler wird, ist eine große Chance. Beides ist wichtig, um den aktuellen Herausforderungen – allen voran dem Klimawandel – begegnen und auch in Zukunft nachhaltige Produkte und Services bereitstellen zu können. Wenn Informationen im digitalen ERP-System mobil zur Verfügung stehen, ist das für die Mitarbeiter:innen bequem und erleichtert die Zusammenarbeit. Digitale Services erfüllen neue Anforderungen und Bedürfnisse der Mieter:innen. So können Kundendokumente über eine Mieterapp schnell bereitgestellt werden. Oder ein Chatbot kanalisiert Anfragen: Einfache beantwortet er sofort, während komplexe Anliegen von der Kundenbetreuung im persönlichen Gespräch geklärt werden.Ein dritter Grund für digitale Innovationen sind neue Geschäftsmodelle, wie beispielsweise serviceorientierte Wohnangebote für Senior:innen oder Mobilitätsangebote für ein jüngeres Klientel, welches Carsharing dem eigenen Auto vorzieht.

Erfolgsfaktor 2: Mitarbeiter einbeziehen

Die Ablehnung digitaler Tools ist heute längst kein so virulentes Thema mehr wie vor zehn Jahren. In der aktuellen EY Jobstudie 2021* gab die Mehrheit der befragten Beschäftigten an, Management und Unternehmensleitung bei Zukunftsentscheidungen zu vertrauen.

Dennoch ist es wichtig, die Mitarbeiter:innen einzubeziehen, damit sie die neuen Prozesse mittragen und mitgestalten. Sie kennen Schwachstellen im Ablauf und wissen am besten, was die Mieter:innen benötigen. Umso mehr kommt es auf ihre Einschätzung und Vorschläge an.

Am Anfang eines solchen Prozesses kann ein Digitalisierungsworkshop stehen. Hat man sich auf Ziele geeinigt, müssen diese nachgehalten werden. Wenn klar ist, welche Arbeitsabläufe zuerst modernisiert werden sollen, geht es in die Planung: Verantwortliche bestimmen, das Budget festlegen und ein Projektteam mit der Suche nach einer geeigneten Lösung beauftragen. Vor der Einführung bereiten Schulungen die Belegschaft auf den Einsatz des neuen Werkzeugs vor.

Erfolgsfaktor 3: Ein zukunftsfähiges Toolset

Was Digitalisierung konkret leisten kann, soll ein einfaches Beispiel zeigen. Eine Mieterin meldet telefonisch einen Wasserschaden, der Mitarbeiter im Kundenservice legt den Vorgang im ERP-System an und fragt Handwerksbetriebe per E-Mail an. Ein per Post geschicktes Angebot wird angenommen und eingescannt. Der Termin kommt nach einem Pingpong zwischen Handwerksbetrieb, Verwaltung und Mieterin zustande – und so geht es weiter bis zur analogen Rechnung. Ein Prozess, der enorm viel Zeit und Kommunikation erfordert, an Intransparenz leidet und Frustpotenzial birgt.

Viel einfacher, wenn dieselbe Aufgabe mit Hilfe einer Mieterapp und/oder eines Handwerkerportals gelöst wird und die Beteiligten eingebunden sind. Sie kommunizieren dann über den gleichen Kanal, können jederzeit den Auftragsstatus abrufen oder Termine autark abstimmen. Das sorgt für einen flüssigen, zeitsparenden Ablauf.Konnektivität wird damit zu einer wesentlichen Anforderung an ein zukunftsfähiges ERP-System. Mit moderner Schnittstellentechnologie ausgestattet, spielt das ERP als Datenhub die zentrale Rolle innerhalb einer vernetzten IT-Landschaft: Idealerweise als Cloud-Lösung, so dass alle Prozesse von Anfang bis Ende, vom Kundenwunsch bis zu dessen Erfüllung, digital bearbeitet werden können. Dafür muss der Anbieter mit vielen Partnern kooperieren und auch andere Lösungen anbinden können.

Im kaufmännischen Bereich sind Schnittstellen zu Banken, Messdienstleistern oder ein elektronischer Rechnungseingang hilfreich. Ein Dokumentenmanagementsystem stellt Informationen für alle angeschlossenen Systeme bereit. Mit einer speziellen Vermietungslösung läuft von der ersten Kontaktaufnahme bis zum Unterschreiben des Mietvertrags jeder Schritt digital. Neben all diesen Möglichkeiten steht den Mieter:innen jedoch weiterhin das Angebot der persönlichen Betreuung offen.

New Work, noch zaghaft

Die Digitalisierung ist ein Treiber für New Work. Heute wünscht sich ein Großteil der Arbeitnehmer:innen, die Vorteile des Homeoffice weiterhin nutzen zu können. Darauf haben schon viele Unternehmen reagiert, Betriebsvereinbarungen getroffen und Arbeitsverträge angepasst. Es reicht allerdings nicht, „Homeofficern“ die Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen. Wenn sie die Möglichkeit ausschöpfen, dürfen sie keine Nachteile erleiden. Ihre Arbeit verdient die gleiche Wertschätzung wie die der Kolleg:innen im Büro.

Das führt zur Frage, ob die Digitalisierung mit der passenden Unternehmenskultur einhergeht, in der ein demokratischeres Verständnis von Führung herrscht, Mitarbeitenden mehr Autonomie zugestanden wird, starre Hierarchien, Ablaufschemen oder Kompetenzgrenzen aufgeweicht werden. Und dort, wo Routinen wegfallen, neue Perspektiven entstehen. Die Wohnungswirtschaft hat sich auf den Weg in die neue Arbeitswelt gemacht. Jetzt muss sie sich trauen und eigene Konzepte entwickeln.

Quellen:

* EY Jobstudie 2021: Digitalisierung im Arbeitsleben, Ergebnisse einer Befragung von mehr als 1.550 Beschäftigten in Deutschland, Oktober 2021, www.ey.com

Digitalisierungsvorhaben in Zukunft so planen,
dass Aufgaben fallabschließend und „end to end“ digital
bearbeitet werden, sollten sich alle Unternehmen vornehmen.

Dass eine Organisation durch die Digitalisierung effizienter und flexibler wird, ist eine große Chance. 

Es ist wichtig, die Mitarbeiter:innen einzubeziehen, damit sie die neuen Prozesse mittragen und mitgestalten. 

Konnektivität wird zu einer wesentlichen Anforderung an ein zukunftsfähiges ERP-System.

Die Digitalisierung ist ein Treiber für New Work.

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 04/2019

Digitalisierung: Vernetzung ist alles

Digitales Wohnen, Wohnungsvermietung 4.0 oder mobile Mieter-Services – das sind nur einige der Trends, die auch laut Zukunftsstudie „Wohntrends 2035“ des GdW über kurz oder lang immer mehr...

mehr
Ausgabe 03/2021 Cloud Computing

Willkommen in der digitalen Welt

Digitalisierung – manch einer mag das Wort nicht mehr hören. Was seit Jahren in der Branche als Megatrend gepredigt wird, hat 2020 richtig Fahrt aufgenommen. Man hätte sich zwar einen anderen Grund...

mehr
Ausgabe 09/2022 Immobilienverwaltung

Wiederkehrende Prozesse erledigen sich (wie) von selbst

Eine zielgerichtete und damit auch ökonomisch sinnvolle Digitalisierung bestehender Geschäftsprozesse bedeutet weit mehr, als das Scannen von Rechnungen. Zwar lässt es sich zu Beginn einer...

mehr
Ausgabe 06/2020 Transformation

Digitalisierung ganzheitlich gestalten

Die Digitalisierung birgt für Immobilienunternehmen somit großes Wertschöpfungspotenzial – von der Prozessoptimierung über das Angebot von weiteren Services bis hin zur Etablierung neuer...

mehr
Ausgabe 1-2/2021

„Wir wollen die Branche digital weiter nach vorne bringen“

Durch die Covid-19-Pandemie ist ein neuer Digitalisierungsschub entstanden. Welche Veränderungen sehen Sie hier für die Immobilienwirtschaft? Dr. Manfred Alflen: In der Tat hat die...

mehr