Nachgefragt

„Der Markt ist bereit und die Technik ebenso“

Interview mit Jan Frederik Harksen, Geschäftsführer der Zuhause Plattform GmbH, über eine kostensparende Systemlösung für städtische Mietshäuser.

Herr Harksen, Ihre Plattform-Lösung scheint sehr gefragt zu sein. Worauf führen Sie den Erfolg zurück?   

Jan Frederik Harksen: Ein Kunde hat es vor Kurzem so beschrieben: Beton & Bytes. Die Kombination aus unseren immobilienwirtschaftlichen Hintergrund und unserem soliden Fraunhofer-IT-Know-How hat für ihn den Ausschlag gegeben. Zeitgleich blicken wir mittlerweile auf eine langjährige Erfahrung im Bereich Smart Building zurück: Mein Mitgründer und Prokurist Mario Schuster entwickelt seit 20 Jahren vernetzte Systeme, ich bin seit 15 Jahren Vermieter, die erste Idee zur Zuhause Plattform ist älter als 10 Jahre und wir sind aktuell schon im 7. Jahr des Unternehmens Zuhause Plattform.

Einige Zeit waren wir mit dem System sicherlich vor dem Markt und ich musste grundsätzlich für den Einsatz von Smart Building-Systemen werben. Heute sind die Herausforderungen Digitalisierung, Klimawandel und Demographie allseits bekannt und Smart Building-Systeme als eine Lösung anerkannt. Das heißt, die Entscheidung „ob“ ist heute häufig schon gefallen und es geht um die Frage „wie“ - sprich „Welches System und welche Funktionen?“. Zusammengefasst: Der Markt ist bereit und die Technik ebenso.

Welche Akteure aus der Immobilienwirtschaft nutzen Ihre Plattform derzeit und wofür?

Jan Frederik Harksen: Wir haben mittlerweile die ganze heterogene Bandbreite der Immobilienwirtschaft als Kunden: kommunale Gesellschaften, Genossenschaften, institutionelle Investoren, kirchliche Unternehmen, Projektentwickler, Bauträger, Family Offices und Privatiers.

Für jeden Kunde sind unterschiedliche Module wichtig. Dem einen geht es vor allem um die Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen rund um die Immobilie, dem anderen um die Transparenzmachung und Einsparung von Verbräuchen und einem Dritten um die Sicherung der Luftqualität und die damit verknüpfte DGNB-Zertifizierung seines Bauvorhabens.

Grundsätzlich kann man unsere 30 bis 40 Funktionen den folgenden Bereichen zuordnen: Zugang, Sicherheit, Prozesse und Energie. So hat ein Großteil der ausgestatteten Smart Buildings die folgenden Module verbaut: Video-Gegensprechanlage, Zugangssystem, fernwartbare Rauchwarnmelder, intelligente Wärmesteuerung, Verbrauchinformation nach Energieeffizienz-Richtlinie (EED) und Verwalterkommunikation.

Nehmen wir an, eine bestehende Wohnimmobilie soll mit Ihrer Lösung nachgerüstet werden. Über welche technischen Voraussetzungen sollte/muss sie verfügen?

Jan Frederik Harksen: In diesem Jahr haben wir umgestellt auf den WohnungsAdapter 2.0 als Smart Building Gateway in der Wohnung. Das Besondere ist neben einem neuen Design eine Produktversion, bei der wir eine 100-prozentige Nachrüstbarkeit erreichen werden. Während wir im Neubau auf eine strukturierte Netzwerkverkabelung (Cat.7) bis zur Wohnung setzen, können wir im Bestand demnächst auf den alten Klingeldraht aufsetzen. Innerhalb der Wohnung gehen wir bei beiden Varianten per Funk weiter. Das heißt konkret: die 50 Jahre alte Klingelanlage abbauen, den neuen WohnungsAdapter 2.0 installieren, alle Smart Building-Funktionen nutzen – ohne ein Kabel zu ziehen.

Wie sieht es mit Schnittstellen zu wohnungswirtschaftlichen Softwareprogrammen aus, damit beispielsweise Verbrauchsdaten automatisch in die Betriebskostenabrechnung einfließen können oder ähnliches? Verfügt Ihre Plattform darüber?

Jan Frederik Harksen: Über die ARGE-Sätze (Standard-Datenaustausch zwischen Software der Wohnungswirtschaft und Abrechnungsunternehmen für Heiz-, Warm- und Kaltwasserkosten, Anm. d. Red.) sind wir kompatibel zu allen wohnungswirtschaftlichen Softwarelösungen. Wir haben aber nicht nur eine Schnittstelle für dieses Thema, sondern für den Bereich Abrechnung mit der HP Heizkosten Plattform GmbH und der ZP Zähler Plattform GmbH mittlerweile zwei eigenständige Unternehmen gegründet, die ihre Abrechnungs-Lösungen der Wohnungswirtschaft anbieten – ganz unabhängig vom Thema Smart Building.

Wer überwacht den laufenden Betrieb der Plattform? Behalten Sie im Blick, dass alles reibungslos läuft, führen bei Bedarf Wartungsarbeiten durch und spielen eventuelle Updates ein?

Jan Frederik Harksen: Wir rasen nicht mit quietschenden Reifen vom Hof und hoffen, dass in fünf Jahren Gewährleistung niemand anruft, sondern betreiben die Systeme dauerhaft. Das heißt: Fernwartung und Fehlerbehebung, Updates entwickeln und einspielen, Netzwerk und Zertifikate managen, Support am 0800er-Service-Telefon und vieles mehr. Dadurch dass unser System zwar modular aufgebaut aber hochgradig standardisiert ist, sind unsere laufenden Kosten für den Betrieb mit drei bis fünf Euro pro Wohnung und Monat wesentlich niedriger als viele im ersten Augenblick vermuten.

Wann ist der beste Zeitpunkt, Sie für ein Smart Living-Projekt ins Boot zu holen? 

Jan Frederik Harksen: Wir sind schon zu allen Leistungsphasen von der ersten bis zur achten zu Bauvorhaben dazu gestoßen. Mit unserem „Schlüsselfertig-Konzept“ bieten wir unser Smart Building-System inklusive  Installation an. Durch unsere langjährige Erfahrung sind die Schnittstellen zu klassischen Gewerken wie etwa Elektro oder Heizung, Lüftung, Sanitär definiert und erprobt, so dass wir uns trotz innovativem System unkompliziert in einen Baustellenablauf einfügen können.

Unabhängig davon, dass wir auch relativ spät dazu stoßen können, gibt es Konstellationen, bei denen eine frühzeitige Einbindung notwendig ist. So ist unser System mit der neuen Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) als sogenannte „Smart Home Efficiency“ in die förderfähigen Kosten aufgenommen worden. Die Förderung beträgt im Neubau eingebettet in die Effizienzhaus-Standards 55, 40 und 40 plus zwischen 15 und 25 Prozent. Im Bestand beträgt die Förderung zwischen 20 Prozent (Einzelmaßnahme) und 50 Prozent (Effizienzhaus 40 EE).

Bereits vor der neuen BEG haben wir auf Kundenwunsch begonnen, uns intensiv mit dem Thema „KfW 40 plus“ zu beschäftigen, weil Teile unseres Smart Building Systems hierbei eine Mindestanforderung darstellen. Dabei haben wir festgestellt, dass die Themen Elektro, HLS und IT viel stärker vernetzt werden müssen. Aktuell sind wir daher in der Gründung unserer vierten operativen Gesellschaft: der Energie Plattform. Dieses Unternehmen wird die komplette technische Gebäudeausstattung (TGA) von Sanitär, Heizung, Lüftung und Elektro für energieeffiziente Mehrfamilienhäuser vernetzen und ein funktionierendes Energie-System aus einer Hand anbieten – auf Wunsch sogar inklusive Planung.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

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