MörtelTage 2016: Baustoffindustrie vor neuen Herausforderungen

Wie sehen die Häuser von morgen aus? Diese Frage stand im Mittelpunkt der MörtelTage 2016, dem alljährlichen Branchentreff, zu dem der Industrieverband WerkMörtel (www.iwm.de) unter der Leitung seines neuen Vorsitzenden Christoph Dorn nach Bamberg eingeladen hatte. Über 150 Teilnehmer aus den Mitgliedsunternehmen sowie zahlreiche Gäste kooperierender Verbände und Organisationen folgten der Einladung und gaben ein optimistisches Bild zur Stimmung in der Branche ab.


Doch Dorn warnte: „Die steigende Zahl der Baugenehmigungen bedeutet schon seit Jahren nicht mehr, dass die Baustoffproduktion in gleichem Maße mitwächst.“ Dafür nannte er verschiedene Gründe. Immer mehr Geld fließe in die aufwendige technische Gebäudeausrüstung statt in den Roh- und Ausbau. Darüber hinaus konzentriere sich der Wohnungsbau zunehmend auf Mehrfamilienhäuser, während der Markt für Ein- und Zweifamilienhäuser stagniere. „Bei Mehrfamilienhäusern ist der spezifische Baustoffbedarf pro Quadratmeter Wohnfläche einfach geringer“, meinte Dorn. Auch die erfreulich hohe Auslastung der Handwerksbetriebe mache sich bemerkbar. „Mehr geht nicht“, hieße es dann oft. Selbstkritisch ergänzte er, dass man nicht immer nur auf äußere Umstände verweisen könne. Die Unternehmen der Branche müssten sich zahlreichen neuen Herausforderungen stellen, wenn sie beim Bau der Häuser von morgen in gleichem Maß wie bisher dabei sein wollten.

Kostentreiber am Bau


Welche Herausforderungen das sein werden, zeigten die Referenten des Unternehmerforums in ihren Vorträgen auf. Nach Ansicht von Dr. Ronald Rast, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM), muss Bauen wieder günstiger werden. Der Koordinator der Aktion „Impulse für den Wohnungsbau“ zeigte anhand von Studienergebnissen, wo die Kostentreiber im Wohnungsbau liegen. Weder Lohnkosten noch Preissteigerungen bei den traditionellen Baustoffen machen das Bauen immer teurer, sondern die zunehmende Anzahl gesetzlicher Anforderungen und Normen.

Entspannung im WDVS-Diskurs?


Nach wie vor hat die Branche mit Rückgängen bei der energetischen Gebäudesanierung zu kämpfen. Professor Andreas Holm vom Forschungsinstitut für Wärmeschutz ließ die Entwicklung der letzten Jahre noch einmal Revue passieren. Auch wenn sich seitdem vieles verändert habe dürfe man nicht glauben, „die Kuh sei schon vom Eis". Die anwesenden Industrievertreter mahnte er, mehr als bisher mit einer Stimme zu sprechen. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass die energetische Sanierung der Gebäudehülle gegenüber anderen Modernisierungsmaßnahmen an Bedeutung verliere.


Wie die Häuser von morgen aussehen könnten, zeigte Professor Matthias Middel vom Informationszentrum Beton. Intelligente Gebäudetechnik und Smart-Home-Applikationen sind bereits in zahlreichen modernen Gebäuden installiert und werden in Zukunft zum Standard gehören. Auch wenn Wandbaustoffe eher traditionell geprägt sind, kann sich Middel vorstellen, dass in naher Zukunft zum Beispiel intelligente Hybridfassaden markttauglich werden.


Bei der anschließenden Podiumsdiskussion, an der neben den Referenten auch Dr. Wolfgang Plehn vom Umweltbundesamt teilnahm, stellte IWM-Hauptgeschäftsführer Dr. Hans-Joachim Riechers die provokante Frage, ob es nicht auch bei den sogenannten „Umweltanforderungen" an Baustoffe Übertreibungen gebe. Als Beispiel nannte er Geringfügigkeitsschwellen, die schärfer gefasst seien als die Trinkwasserverordnung, oder die Forderung nach einer „Geruchsprüfung" für alle Baustoffe. Die lebhafte Diskussion zeigte, dass eigentlich alle Seiten für ein gesundes Augenmaß eintreten. Wichtig sei, so die einhellige Meinung, dass die beteiligten Stellen im Gespräch blieben. „Nur dann können einseitige, vielleicht auch überzogene, Festlegungen vermieden werden, und die Akzeptanz bei der Industrie steigt", war dann auch das übereinstimmende Fazit der Diskussionsrunde.

Zwei neue Vorstandsmitglieder


Den Abschluss der zweitägigen Veranstaltung bildete die IWM-Mitgliederversammlung, auf der Dr. Markus Pfeuffer (Heidelberger Beton) und Erich Seufert (Hasit Trockenmörtel) neu in den Vorstand gewählt wurden. Sie ersetzen Michael Gieding und Peter Hartmann, die beide berufsbedingt aus dem Vorstand ausgeschieden sind. Im nächsten Jahr werden die MörtelTage vom 28. bis 29. April in Bremerhaven stattfinden.

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