Schule gemacht

Modern präsentiert sich die Grund- und Hauptschule im bayerischen Markt Indersdorf nach einer Komplettsanierung. Für gute Luftqualität sorgt eine dezentrale Lüftungsanlage, die auch die Luftqualität misst.

Als die Gemeinde Markt Indersdorf zu Beginn der 1970er-Jahre beschloss, ein neues Schulgebäude zu errichten, strebte sie eine innovative Lösung an: Grund- und Hauptschule sollten „unter einem Dach“ untergebracht werden. Der mit der Planung beauftragte Architekt entwickelte ein Konzept, das beide Schulformen voneinander trennt, das Gebäudeensemble jedoch optisch als Einheit erscheinen lässt. Besonders auffällig ist der H-förmige Grundriss mit seinen vier markanten, achteckigen Gebäudetrakten. Große Fensterflächen sorgen für viel Helligkeit in den Klassenräumen. Die Fassade besteht aus Metallelementen in einem hellgrauen Farbton. Im Zusammenspiel mit den dunklen Fensterbändern ergibt sich so eine abwechslungsreiche Fassadengestaltung.

Nach nahezu 40 Jahren waren die wärmetechnischen Eigenschaften der Fenster und Brüstungselemente nicht mehr zeitgemäß. Da auch die Dachkonstruktion dringend überholt werden musste, entschloss sich die Gemeinde zu einer generellen Sanierung. Bei Gebäudeaufnahmen mit einer Wärmebildkamera sowie einer anschließenden genaueren Untersuchung der Bauteile stellten sich zudem etliche Wärmebrücken heraus. Darüber hinaus wurden die ursprünglich angegebenen U-Werte für die thermisch nicht getrennten Metallprofile von 7,0 W/m²K sowie die Verglasung mit 3,0 W/m²K nicht mehr eingehalten. Aufgrund der schadhaften Fensterdichtungen ging man für die gesamten Fenster lediglich noch von einem geschätzten U-Wert von ca. 5,5 W/m²K aus. Eine moderne Fassadenkonstruktion liegt bei einem U-Wert von ca. 1,4 W/m²K.

Die Fenster und Fassadenverkleidungen wurden ausgebaut und auch die inneren Brüstungsbekleidungen aus Faserzementplatten entfernt. Die nun freigelegten Fensterbrüstungen aus Ortbeton erhielten eine außenseitige Dämmung mit 4 cm starker Mineralwolle. Zwischen ihr und der neuen Betonfertigteilabdeckung besteht eine ca. 3 cm breite Hinterlüftungsebene. Diese Konstruktion weist einen U-Wert von 1,0 W/m²K auf.

Neben den Fenstern waren auch sämtliche Eingangstüren zu erneuern. Komplett saniert wurde auch das Umkehrdach. Es wurde bis auf die Bitumenabdichtung zurückgebaut und anschließend wieder mit einer neuen Wärmedämmung, PVC-freien Dichtbahnen und einer abschließenden Kiesschicht neu aufgebaut. Auch die 56 Lichtkuppeln wurden ausgetauscht.

Vier Lüftungsgeräte pro Klassenraum

Nach erfolgter Gebäudeabdichtung war ein automatischer, kontinuierlicher Luftaustausch in den Klassenzimmern nicht mehr gewährleistet. Zudem sollte die nun luftdichte Gebäudehülle vor Schwitzwasserbildung und damit auch möglicher Schimmelbildung an den kühlen Gebäudeteilen und geometrischen Raumecken geschützt werden. Der mit der Planung der Sanierungsmaßnahmen betraute Architekt Rabl vom Architekturbüro Putke, Rabl & Lorenz aus Markt Indersdorf plante daher von vornherein eine Lüftungsanlage für die Klassenräume ein. Angestrebt wurde eine dezentrale Lösung, da diese sich im Sanierungsfall gut nachrüsten lässt und sich aufgrund der stark verzweigten Gebäudearchitektur als besonders praktikabel erwies. Gute Erfahrungen aus erfolgreich abgeschlossenen Projekten führten zur Kontaktaufnahme mit der Lüftungsfirma Meltem Wärmerückgewinnung. Die Entscheidung fiel schließlich auf spezielle Netzwerkgeräte mit automatischer Temperatur-, Feuchte- und Mischgassensorik. Pro Klassenraum wurden jeweils vier Geräte eingebaut, insgesamt kamen in der Schule 184 Geräte zum Einsatz. Das Besondere an der in Markt Indersdorf realisierten Lösung ist die Platzierung der Lüftungsgeräte in den Fensterprofilen zwischen den einzelnen Fensterelementen.

Gesteuert wird die Anlage durch den Hausmeister über einen PC mit Touch-Screen. Bei Bedarf lassen sich auch einzelne Räume bzw. einzelne Geräte direkt regeln, so dass immer eine optimale Luftwechselrate gewährleistet ist. Angesteuert wird jeweils ein „Mastergerät“ mit Sensorik pro Klassenraum, das jeweils durch drei „Slave-Geräte“ hinsichtlich erforderlicher Luftleistung unterstützt wird. Der Betrieb der Lüftungsgeräte erfolgt während der Raumnutzung CO2-geführt, begrenzt auf maximal 60% ihrer verfügbaren Luftleistung (60 m³/h/Gerät). Somit wird der erlaubte Lautstärkepegel von max. 35 dB (A) in Klassenräumen eingehalten. Sollte die Luftleistung während des Unterrichtsbetriebs einmal nicht ausreichen, kann sie in den Pausen durch Fensterlüftung ergänzt oder mechanisch auf 100 m³/h/Gerät hochgefahren werden. Diese Intensivlüftungsstufe wird auch während der warmen Sommermonate im Nachtbetrieb zwischen 0.00 und 5.00 Uhr zur Raumtemperierung genutzt. Die „An­­sprechschwelle“ der CO2-gesteuerten Lüftungsgeräte liegt bei 700 ppm. Um stets einen wirtschaftlichen und energieeffizienten Betrieb zu gewährleisten, wird die Lüftungsanlage mit speziellen Sommer- oder Winterprogrammen betrieben. Während der Ferien läuft zudem ein Programm, das lediglich die benötigte Mindestluftwechselrate garantiert. So kann man jederzeit eine individuelle Anpassung an die momentanen Gegebenheiten vornehmen. Insgesamt lässt sich mit den dezentralen Lüftungsgeräten in der Schule Markt Indersdorf eine Wärmerückgewinnung von ca. 75 % aus der Abluft erzielen. Das bedeutet konkret eine Energieeinsparung von ca. 90 l Heizöl pro Klassenraum und Jahr. Zudem fallen die Kosten der M-WRG-Schulentlüftung mit ca. 6.000 Euro pro Klassenraum vergleichsweise gering aus.

Lüftung mit Mischgassensorik

Die hohe Wirtschaftlichkeit der Lüftungsanlage ergibt sich aus einer speziellen Mischgassensorik. Grundlage ist eine kontinuierliche Analyse der Luftgüte. Die bedarfsgerechte Lüftung erfolgt dann nach dem jeweiligen Ist-Zustand: Die Luftqualität in einem Raum ist nicht immer gleich. Verschiedene Faktoren, von der Personenzahl im Raum bis zu den Ausdünstungen von Möbeln und Textilien beeinflussen die Luftgüte. So bildet sich in jedem Raum eine Mischung verschiedenartiger Gase, die in hoher Konzentration gesundheitsschädlich sein können und die es deshalb kontinuierlich abzuführen gilt. Um dies bedarfsgerecht ermöglichen zu können, entwickelte die Firma Meltem ein Lüftungsgerät, das mit Hilfe eines Luftgütesensors die Raumluftqualität analysiert und so für einen optimalen Luftwechsel sorgt.

Ausgangsbasis für eine Bestimmung der Luftqualität ist die CO2-Konzentration, die je nach Personenzahl in einem Raum höher oder niedriger ausfällt. Zur Anwendung kommt ein spezieller Metalloxidsensor, der neben dem Anstieg des CO2-Wertes auch Geruchsereignisse registriert. Er misst die elektrische Leitfähigkeit eines halbleitenden, nanokristallinen Metalloxids. Sind entsprechende Schadstoffe in der Luft vorhanden, werden sie an der Sensoroberfläche durch den Sauerstoff des Metalloxids verbrannt. Bei diesem Vorgang werden Elektronen freigesetzt, die zu einer Erhöhung der elektrischen Leitfähigkeit führen. Durch den Einbau von Luftsauerstoff kehrt das Metalloxid schließlich wieder in seinen Ausgangszustand zurück.

Fazit

Die Schule in Markt Indersdorf zeigt, dass dezentrale Raumlüftungskonzepte inzwischen ein Bestandteil der zeitgemäßen Ge­­bäudeausstattung geworden sind. Ihre einfache Installation und die guten Anpassungsmöglichkeiten an die Gebäudefassade erlauben einen problemlosen Einbau. Selbst Speziallösungen wie die Integration in die Fenster sind zu realisieren. Neben einer Reduzierung der Heizkosten tragen die Lüftungsgeräte zu einer kontinuierlichen Verbesserung der Luftqualität in den Räumen und damit zu einer Erhöhung des Wohlbefindens und der Leistungsfähigkeit auch bei längerem Aufenthalt im Gebäudeinneren bei.

Zum Einsatz kamen Netzwerkgeräte mit automatischer Temperatur-, Feuchte- und Mischgassensorik.

Die Geräte analysieren die Raumluftqualität und sorgen für einen optimalen Luftwechsel

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