Renaissance des Wohnhochhauses

Mit seiner geschwungenen Fassade verheißt das Wohnhochhaus „IsarBelle“ in München neuen Optimismus für eine in Deutschland lange vernachlässigte Bauform. Ein attraktiver Standort und die hohe Wohnqualität tragen zum Erfolg des Objektes bei und lassen den höheren Aufwand bei der vertikalen Gebäudeerschließung schnell vergessen.

Immer höher, immer spektakulärer – in den internationalen Megastädten geht der Trend zu gigantischen Wohnprojekten. Der Phantasie scheinen dabei keine Grenzen gesetzt. So entsteht derzeit beispielsweise „Marina One“ in Singapur, eine Anlage mit vier über 30-stöckigen Wohn- und Bürotürmen, öffentlichen Parks, Wasserfällen und Dachgärten. Doch obwohl deutsches Know-How für Wolkenkratzer weltweit gefragt ist – das „Marina One“-Projekt etwa wird von den Düsseldorfer Ingenhoven Architects geplant – sieht die Hochhauslandschaft hierzulande anders aus. Selbst Frankfurt, Deutschlands einzige von einer Skyline geprägte Stadt, „sei völlig hintendran“, wie Peter Cachola-Schmal, Direktor des Deutschen Architekturmuseums, in der FAZ klagte.

Die Zurückhaltung deutscher Immobilienunternehmen resultiert auch aus den schlechten Erfahrungen vergangener Jahrzehnte. Viele der Hochhaussiedlungen, die bis Ende der 1970er Jahre vor allem als sozialer Wohnungsbau in den Vorstädten entstanden sind, haben sich zu sozialen Brennpunkten mit einem schwierigen Mietumfeld entwickelt. Oftmals herrscht das Bild steriler Endlosflure und beschmierter, stinkender Aufzugskabinen vor. Dabei haben Wohnhochhäuser neben einer unvergleichlichen Aussicht aus den oberen Etagen durchaus einiges zu bieten. Komfortmerkmale wie der Aufzug sind selbstverständlich – und sollten angesichts unserer immer älteren Bevölkerung schlichtweg in jedes Wohngebäude gehören.

Fehler vergangener Jahrzehnte vermieden

Seit einigen Jahren findet daher ein Umdenken statt. Der Bautypus des Wohnhochhauses erfährt eine Renaissance – nicht als sozialer Wohnungsbau, sondern als Miet- oder Kaufobjekt für eine zahlungskräftige Klientel. So auch in München, wo die Pandion AG auf dem ehemaligen Siemens-Gelände in Obersendling einen Wohnturm mit dem klingenden Namen „IsarBelle“ errichtet hat. Das Projekt ist das Ergebnis eines Architektenwettbewerbs, den das Münchner Büro Hierl Architekten mit einem außergewöhnlichen Entwurf gewinnen konnte, der von der BAM Deutschland AG als Generalunternehmer in die Tat umgesetzt wurde. Besonders ins Auge fällt dabei die geschwungene Fassade mit charakteristischen Loggien, die spiralförmig um das Gebäude laufen. 68 Wohnungen von 54 bis 197 m² finden in dem 16-Geschosser Platz. Es gilt das Motto „je höher, desto größer“. Jede der Wohnungen besticht durch eine flexible Grundrissaufteilung, angenehme Raumhöhen von 2,70 m sowie Zugang zu mindestens einer Loggia.

Von Anfang an legten die Planer von Pandion Wert darauf, die Fehler der 1970er Jahre zu vermeiden. So sollte sich die Architektur deutlich von dieser Zeit unterscheiden – sowohl bei der Fassade, als auch im Innenbereich. „Sterile Batterien von Klingelschildern und Briefkästen sucht man bei uns vergeblich“, berichtet Wilhelm Rudolph, Projektleiter bei der Pandion AG. „Stattdessen herrscht die angenehme Atmosphäre einer Hotellobby, mit speziell entworfenen Briefkastenmöbeln und großflächigen, bronzefarbenen Spiegelflächen.“ Die hochwertige Ausstattung zieht sich durch das ganze Objekt und wurde eigens von einer Innenarchitektin entworfen.

Komfortable und laufruhige Aufzüge

Entsprechend hochwertig ist auch die Aufzugstechnik. Denn bei Wohnhochhäusern wird ein ansprechender Aufzug zur Visitenkarte des Gebäudes. Darüber nehmen Bewohner eine reibungslose vertikale Mobilität auch als Gradmesser für die Funktionalität und den Komfort des ganzen Gebäudes wahr. Im „IsarBelle“-Hochhaus kommen zwei Aufzüge vom Typ Schindler 5500 zum Einsatz. Das aktuelle Modell des Herstellers Schindler eignet sich optimal für größere Wohnhäuser. Der Aufzug ist für Förderhöhen von bis zu 150 Metern bei Tragkräften von 630 bis 2.500 Kilogramm und einer Geschwindigkeit von bis zu drei Metern pro Sekunde ausgelegt. Die flexible Anordnung von Gegengewicht und Steuerung ermöglicht Planern, den verfügbaren Raum möglichst effizient auszunutzen. Auf diese Weise werden Nutzflächen maximiert und die Baukosten reduziert.

In München bedienen die Anlagen 17 Stockwerke bei einer Förderhöhe von 50 Metern. Die Entscheidung für den Aufzugstyp fiel dabei nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen. Großen Wert legte Pandion auf einen besonders geräuscharmen Betrieb. Der Schindler 5500 wird diesem Anspruch in vielfacher Hinsicht gerecht. Seine Aufzugsmaschinen arbeiten mit getriebeloser Technologie, laufen effizienter und verursachen weniger Lärm als ältere Systeme. Dazu tragen ebenfalls die neuartigen, kunststoffummantelten Tragmittel bei, die statt der Stahlseile eingebaut werden. Zusammen mit einer Mikroprozessorsteuerung sorgen sie für eine geräuscharme Fahrt. „Die Laufruhe der Aufzüge passt hervorragend zu der hochwertigen Wohnatmosphäre unseres Projektes“, begründet Projektleiter Rudolph die Entscheidung. Dank einer Nenngeschwindigkeit von 1,6 m/s kommen Aufzugsnutzer dabei schnell zum Ziel. Mit Kabinengrößen von 1,10 x 1,40 m und 1,10 x 2,10 m sind die Anlagen auch mit einem Rollstuhl gut zu benutzen.

Harmonische Gestaltung

Die beiden Kabinen des „IsarBelle“-Hochhauses fügen sich harmonisch in die Architektur des Gebäudes ein. Sie wurden komplett in einer gebürsteten Edelstahloberfläche gehalten. An der Rückwand sorgt ein Spiegel für einen großzügigen Raumeindruck. Ein Handlauf an der Seitenwand sowie eine Decke mit sparsamen LED-Leuchtfeldern runden die Kabine ab. Großen Wert wurde auf die Gestaltung der Schachttüren gelegt. Sie passen sich mit ihrer bronzenen Metalloberfläche an das Farbkonzept der Lobby an.

Aufwändiger Brandschutz

Hohe Anforderungen mussten beim Brandschutz erfüllt werden. Hier liegt die Messlatte der Hochhausrichtlinien der Länder deutlich höher als bei herkömmlichen Wohnhäusern. Denn Geschosse, die mehr als 22 Meter über der Geländeoberfläche liegen, können von der Feuerwehr nicht mehr mit einer Drehleiter erreicht werden. Bei Hochhäusern werden die Flucht- und Rettungswege daher komplett durch bauliche Maßnahmen gesichert. Im „IsarBelle“-Hochhaus wurde dazu unter anderem ein Sicherheitstreppenhaus mit Rauchverdrängungsanlage gebaut, das nur über Schleusen aus den jeweiligen Geschossen erreichbar ist und im Brandfall mittels Überdruck rauchfrei gehalten wird.

Feuerwehraufzug als Standardoption

Für die Rettungseinsätze der Feuerwehr wurde einer der beiden Aufzüge als Feuerwehraufzug nach EN 81-72 ausgerüstet. Im Gegensatz zur zweiten Anlage ist der „Firefighter“ zum Transport einer Krankentrage geeignet und verfügt über eine Reihe von Sicherheitseinrichtungen. Sie sollen den Einsatzkräften im Notfall das Erreichen der Brandetage, die Menschenrettung oder den Materialtransport ermöglichen. Die Planer konnten dazu auf eine Standardoption des Schindler 5500 zurückgreifen, so dass sich die beiden Anlagen für den Aufzugsnutzer kaum unterscheiden.

Gute Marktchancen trotz Mehraufwand

Der hohe Planungs- und Bauaufwand hat sich für Pandion ausgezahlt: Bereits vor der Fertigstellung, inmitten schwieriger Zeiten für die Immobilienwirtschaft, wurde das Gebäude komplett an die Stadtsparkasse München verkauft, die die Wohnungen auf dem angespannten Münchner Wohnungsmarkt vermieten wird. Auch dank des ruhigen Fahrerlebnisses der hochwertigen Aufzüge werden Komfort und Prestige gern mitbezahlt.

Bei Wohnhochhäusern wird ein ansprechender Aufzug zur Visitenkarte des Gebäudes.

Großen Wert wurde auf die Gestaltung der Schachttüren gelegt.

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