Holzbausysteme

Klimaschutz und bezahlbares Wohnen

Bei der energetischen Fassaden-Sanierung von Geschosswohnungsbauten können auch vorgefertigte Holztafelbauelemente zum Einsatz kommen. Zwei Projekte – E2ReBuild und smartTES - zielten unter anderem auf eine Optimierung und Kostensenkung dieses Sanierungs-Ansatzes, nicht zuletzt, um ihn für die Wohnungswirtschaft noch attraktiver zu machen. Und: Für das Bauen mit nachwachsenden, Kohlenstoff speichernden Baustoffen gewährt die Stadt München einen CO2-Bonus.

Das E2ReBuild-Programm

Das „E2ReBuild“-Projekt (www.e2rebuild.eu), das von 2011 bis 2014 in acht europäischen Ländern lief, untersuchte die industrielle Vorfertigung bei der Sanierung von Mietwohnhäusern. In dem Programm arbeiteten Architekten, Baufirmen, Wohnungsanbieter, Universitäten und Forschungsinstitute zusammen. Sicherheit, Temperaturunabhängigkeit und Baugeschwindigkeit können Gründe sein, die auch bei der Sanierung für eine Vorfertigung von Bauteilen in der Halle sprechen.

Im Rahmen von E2ReBuild wurden sechs erfolgreiche Modernisierungsprojekte in Deutschland, Finnland, Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien untersucht. Kosten- und Energie-Effizienz standen dabei im Vordergrund. Die ambitionierte Zielvorgabe lautete, den Heizwärmebedarf um stolze 75% zu senken. Da viele der Sanierungen im Bestand erfolgten, während die Mieter in ihren Wohnungen blieben, bot die Vorfertigung neben logistischen und ökonomischen auch soziale Vorteile. In Augsburg wurde ein Geschosswohnungsbau Baujahr 1966 mit 60 Wohnungen und einem Energiebedarf von 220 kWh/m²a saniert. Der Energiebedarf sollte drastisch auf 30 kWh/m²a reduziert werden. Der Bauherr, die WBG Augsburg, wollte im Rahmen der energetischen Ertüchtigung auch die Haustechnik und alle Bäder erneuern. Zum Einsatz kam eine vorgefertigte „TES EnergyFacade“ mit einem U-Wert von 0,13 W/m²K und Fenstern mit Drei-Scheiben Isolierverglasung. Durch die Umwandlung der Balkone zu Wintergärten ließen sich Wärmebrücken reduzieren und neuer Wohnraum schaffen, der zugleich als thermischer Puffer wirkt. Das Projekt wurde im Rahmen eines Modellvorhabens der Obersten Baubehörde realisiert und gefördert. 2012 gewann es beim HolzbauPlus-Wettbewerb des Bundeslandwirtschaftsministeriums (holzbauplus-wettbewerb.info) in der Kategorie Wohnungsbau-Sanierung, 2013 wurde es mit dem Deutschen Bauherrenpreis für Modernisierung ausgezeichnet.

In München-Sendling wurden zwei Wohnblöcke aus dem Jahr 1954 im Rahmen des E2ReBuild-Programms erweitert und saniert. Die Gebäude wurden mit einem weiteren Vollgeschoss aufgestockt und die Fassaden mit einer zusätzlichen Schicht aus vorgefertigten Holztafeln mit einem U-Wert von 0,14 W/m²K ertüchtigt. An Stelle der auskragenden Balkone gibt es ein vor die Fassade gestelltes Balkon-Regal, das thermische Brücken minimiert. Der Energiebedarf sollte durch die thermische Ertüchtigung von 220 auf 20 kWh/m²J sinken.

In Halmstad/Schweden wurde ein Plattenbau von 1963 mit 91 Wohnungen saniert. Hier sollte der Energiebedarf von 174 auf 53 kWh/m²a sinken. Die Sanierung umfasste den Austausch aller Wasserleitungen, neue Bäder und Küchen, luftdichtere Fassaden, hochisolierte Fenster und eine bessere Regelungstechnik. Im benachbarten Finnland, in der Stadt Oulu, wurden ein zweigeschossiges Studentenwohnhaus mit acht Wohnungen von 1985 und ein Gemeinschaftshaus renoviert. Durch den Einsatz der TES-Methode liegen die Dämmwerte der Fassaden heute auf Passivhaus-Standard. Der Wärmeenergiebedarf sank von 148 auf 30 kWh/m²a.

In Roosendaal in den Niederlanden stand die Sanierung identischer Einfamilien-Reihenhäuser von 1960 an. Besonders interessant ist dieses Projekt, weil hier zwei verschiedene Sanierungsansätze miteinander verglichen und bewertet wurden. In der Variante 1 sollten 20 cm Styropordämmung, eine Putzfassade und Passivhaus-Fenster mit Dreifachverglasung Energie einsparen. Bei den Dächern kamen vorgefertigte Holztafeln mit 35 cm Zellulose-Dämmung zum Einsatz. „Variante 2“ sah die Montage eines 35 cm tiefen Holzrahmens mit Zellulosedämmung vor, dem eine Fassade aus Schiefer-Schindeln vorgehängt wurde. Beide Varianten umfassen zudem die Umstellung von Heizung, Lüftung und Warmwasserbereitung auf Wärmerückgewinnung und die Installation von Solarkollektoren. Der Wärmebedarf sank von 150 auf 25 kWh/m²a. Am Ende wurde die Mehrzahl der Gebäude mit der vorgefertigten Fassade modernisiert, weil die Vorteile der schnelleren und hochwertigen Lösung überzeugten.

Das britische Beispiel in der europäischen Untersuchung ist der Thamesmead Block mit Maisonette-Wohnungen im Südosten von London. Der Betonskelettbau von 1974 ist mit Paneelen aus Beton, PVC-U und Hohlziegeln ausgefacht. Um Wärmebrücken zu minimieren und die Mieter nicht zu stark zu stören, wurden vorgefertigte Fassaden- und Dachelemente aufgebracht, die hochgedämmt sind, außerdem wurde ein zusätzliches Dachgeschoss hinzugefügt. Der Wärmeenergiebedarf sollte von 237 auf unter 25 kWh/m²a fallen.

Alle Verbrauchswerte im E2ReBuild-Verfahren basieren auf Simulationen und sollten im Rahmen einer Post-Occupancy-Evaluation (POE) verifiziert werden. Die Befragung der Eigentümer und der Mieter bestätigen die Vorteile der Gebäudemodernisierung mit vorgefertigten Elementen. Neben der Steigerung des Wohnwertes überzeugten insbesondere die technischen und ökologischen Qualitäten.

smartTES

Aus dem TES EnergyFacade-Forschungsprojekt ging neben E2ReBuild auch das Projekt „smartTES“ hervor, das von 2010 bis 2014 lief. smartTES (www.smarttes.com) zielte auf die Industrialisierung des Produktions-Prozesses der TES-Fassade. Zu den Ergebnissen gehören optimierte Bauprozesse auf Basis eines digitalen Workflows vom Aufmaß über die Planung und Produktion in der Werkhalle bis zur Montage, eine Systematisierung der Anforderungen für die Modernisierung großer Bestandsbauten und Konstruktionssysteme mit Detail-Katalog.

Trotz aller Fortschritte bei der Industrialisierung ist eine Sanierung mit dem TES Energy-System potenziell noch immer teurer als ein konventionelles Wärmedämm-Verbundsystem. Die Sanierungskosten können nicht immer voll auf die Mieten umgelegt werden. Sind einer ökologischen Sanierung also schon von Seiten des Mietrechts her Grenzen gesetzt? Eine Lösung für dieses Dilemma könnten – neben einer weiteren Kostensenkung der nachhaltigen Bausysteme – staatliche Fördermittel sein. Die Vorteile biobasierter Baustoffe beim Klimaschutz würden eine solche Förderung rechtfertigen. Dies sieht auch die Stadt München so, sie fördert als erste deutsche Stadt seit 2013 den Einsatz nachwachsender, Kohlenstoff speichernder Baustoffe. Der so genannte CO2-Bonus ist Bestandteil des Förderprogramms Energieeinsparung (FES), mit dem die Stadt Energieeinsparungsmaßnahmen, die über den gesetzlichen Standard hinausgehen, unterstützt. Der CO2-Bonus wird in Höhe von 30 Cent pro verbautem Kilogramm nachwachsenden Rohstoffs gewährt. Voraussetzung ist, dass der Baustoff in Deutschland oder maximal 400 km von München entfernt geerntet wurde oder eine FSC-, PEFC- oder Naturland-Zertifizierung aufweist.

In München-Sendling gibt es statt auskragender Balkone ein vor die

Fassade gestelltes Balkon-Regal, das thermische Brücken minimiert.

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