Fassadenentwässerung in Zeiten des Klimawandels

Die Erde erwärmt, das Klima ändert sich, unaufhaltsam, nachhaltig. Über die Folgen des Klimawandels wird heftig diskutiert, doch in einem sind sich die Fachleute einig: Starkregenereignisse werden zunehmen und die Gebäude müssen diesen standhalten.

Bei globaler Betrachtung ergibt sich, stark vereinfacht, folgendes Bild: Während einige Landstriche aufgrund von Trockenheit verkarsten, werden andere bislang nicht vorstellbaren Niederschlägen ausgesetzt sein, und beide Phänomene werden riesige Schäden anrichten. Die ganz tiefen Temperaturen werden seltener vorkommen, die ganz hohen öfter und Hitzerekorde werden zunehmen.

Die Menge des jährlichen Niederschlags wird sich in unseren Breiten wahrscheinlich nicht signifikant erhöhen, hier ist kaum eine Veränderung zu erwarten. Was sich aber bereits geändert hat und sich zunehmend ändern wird, sind die Wassermassen, die innerhalb kurzer Zeit als Niederschlag auf Grundstücke und Gebäude niedergehen.

Um sich zu verdeutlichen, was damit im Ergebnis gemeint ist und inwiefern baulich-konstruktiv auf die alarmierenden Prognosen zu reagieren ist, sollen hier zunächst einige Begriffe geklärt werden.

Stark-, Bemessungs-, Jahrhundertregen

Unter einem Starkregenereignis versteht man einen besonders ergiebigen Niederschlag innerhalb einer kurzen Zeitspanne. Eine große Menge Wasser über einen langen Zeitraum abzuführen, ist in der Regel technisch unproblematisch. Schwierig kann es hingegen werden, wenn viel Wasser in kurzer Zeit anfällt, denn die von einem Entwässerungssystem beherrschbaren Mengen sind immer begrenzt und das Wasser wartet nicht. Es staut sich an bis es alternative Wege findet und kann dabei großen Schaden anrichten. Was aber ist viel Wasser?

Der Deutsche Wetterdienst definiert Starkregen so:

– über 5 mm Niederschlag pro 5 Min.

– über 7,1 mm Niederschlag pro 10 Min.

– über 10 mm Niederschlag pro 20 Min. und

– über 17,1 mm Niederschlag pro 60 Min.

Der Bemessungsregen beschreibt die größte Regenspende, die mit fünf Minuten Dauer in einem Intervall von fünf Jahren auf Dachflächen niedergeht.

Beim so genannten Jahrhundertregen handelt es sich um den vorgegebenen Wert eines maximalen Regenereignisses von fünf Minuten Dauer, das in seiner Stärke so alle hundert Jahre einmal vorkommt. „Vorkam“ müsste man eigentlich sagen, denn durch die erwähnten klimatischen Veränderungen kommen „Jahrhundertregen“ inzwischen bekanntermaßen recht häufig vor.

Der Deutsche Wetterdienst gibt übrigens bei zu erwartenden Niederschlägen von mehr als 25 mm pro Stunde, bzw. von über 35 mm in sechs Stunden eine Unwetterwarnung wegen „heftigen Starkregens“ heraus. Wie viel Wasser letztendlich von einem Gebäude abgeführt werden muss, ist von zahlreichen Faktoren abhängig. Dazu gehören Regen- und Schneefallhäufigkeit, Hauptwindrichtung, Gebäudehöhe, nachbarliche Bebauung, Umgebungsfläche usw.

Die Bedeutung der Fassade

Man nimmt gemeinhin an, dass Regen ausschließlich auf Dach und Grundstück niedergeht. Tatsächlich können jedoch bis zu 50 % des anfallenden Wassers an der Fassade niedergehen. Dieses Wasser fällt zu einem Teil an Balkonen, Loggien, Zwischendächern, Versprüngen und Vordächern an und wird von dort lokal abgeführt. Ein großer Teil erreicht jedoch die neuralgische Schnittstelle zwischen Bodenfläche und aufgehendem Bauwerk. Und hier ist unter allen Umständen zu gewährleisten, dass kein Wasser über Eingänge, raumhohe Verglasungen und andere Öffnungen der Gebäudehülle ins Gebäude eindringen kann, um dort Schäden zu verursachen.

Die DIN 18195 und andere

Die DIN 18195, Teil 5, fordert im Zusammenhang mit waagerechten und schwach geneigten Flächen, die Abdichtung von aufgehenden Bauteilen bis mindestens 15 cm oberhalb des Außenbelages hoch zu führen. Dem schließen sich die ‚Regeln für Dächer mit Abdichtungen‘ (Flachdachrichtlinie) sowie die Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. (FLL) an. Wo das nicht möglich ist, etwa bei Türen, raumhohen Fenstern, Glasfronten etc., sind besondere Maßnahmen vorzusehen, die das Eindringen von Wasser verhindern.

Flachdachrichtlinie und FLL lassen eine Reduzierung der Anschlusshöhe auf 5 cm zu, sofern „zusätzliche Maßnahmen“ ergriffen werden. Das heißt im Klartext, der einwandfreie Wasserablauf unmittelbar vor dem Abschlussbereich muss sichergestellt sein. Dies leistet z.B. eine ausreichend dimensionierte Entwässerungsrinne, die im unmittelbaren Bereich der Türschwelle einzuplanen ist. Die Wasser führende Schicht sollte über ein Gefälle ≥ 2 % betragen und vom Gebäude wegführen.

Flachdachrichtlinie, FLL, DIN 18024 sowie DIN 18025 sehen noch einen dritten Fall vor, nämlich den bodengleichen, also barrierefreien Übergang. Um diesen langfristig schadensfrei ausbilden zu können, sind neben den „zusätzlichen Maßnahmen“ ein erhöhter Planungsaufwand und eine sorgfältige Ausführung auf der Baustelle unabdingbar. Die Entwässerungsrinne muss so dimensioniert und verlegt sein, dass sie auch bei ungünstigsten Bedingungen das anfallende Wasser rasch und sicher vom Gebäude wegführt.

Barrierefreiheit – oder einfach Komfort

Türschwellen und Eingangstufen sorgten einst dafür, dass auch bei einem Jahrhundertregen das Wasser keine Hausbesuche machen konnte. Beide baulichen Maßnahmen haben inzwischen weitgehend ausgedient, denn sie stellten nicht nur für Wasser und Schmutz eine Barriere dar sondern auch für die Bewohner. Und Barrieren auf Zuwegungen und Verkehrsflächen sollten möglichst vermieden werden. Sprach man vor Jahren noch von Barrierefreiheit wenn man Behindertengerechtigkeit meinte, sind inzwischen Begriffe wie Ergonomie und Komfort, aber auch Sicherheit und Bequemlichkeit in den sprachlichen Fokus gerückt. Hinzu kommt das verständliche wirtschaftliche Interesse, den ästhetischen Anforderungen an den Wohnungsbau zu genügen. Wo aber die Schwellen abgebaut werden, muss die Entwässerung umso leistungsfähiger sein.

Planen heißt sparen

Wer sorgfältig plant ist vor Überraschungen (und Nachträgen) sicher. Gute Entwässerungssysteme arbeiten im Verborgenen, weshalb ihnen mancherorts zu wenig Aufmerksamkeit zuteil wird. Diese Aufmerksamkeit lohnt sich aber, denn jedes ‚Sparen‘ an Planungsleistung oder Qualität in diesem Bereich kann sich ganz schnell und dann nachhaltig als sehr teuer erweisen. Die barrierefreie Schwellenausbildung ist eine Sonderkonstruktionen, die vom Planer vorgegeben werden muss und die das Placet des Bauherren benötigt. Die Industrie verfügt über Know-how und Erfahrung, beides sollte man nutzen. Denn die notwendigen Aufbauhöhen von Entwässerungsrinne, Splittbett etc., das Gefälle sowie die Abdichtung und der Wärmeschutz sind schon beim Rohbau zu berücksichtigen. Bei der Flächendrainage empfiehlt sich eine freie Entwässerung unterhalb eines aufgeständerten Oberflächenbelages. Zuverlässiger und effektiver als mit einem Splittbett funktioniert die Entwässerung durch so genannte Drainagematten, die durch Stichkanäle ergänzt werden. Und die Entwässerungsrinne sollte dicht am Gebäude verlaufen. Außerdem sollte die Entwässerungsrinne beidseitig geschlitzt sein, denn es ist davon auszugehen, dass selbst in dem engen Bereich zwischen Gebäude und Rinne Feuchtigkeit anfällt, die ansonsten nicht abgeführt werden kann.

Form und Funktion

Bei der Wahl der Abdeckroste spielt sicherlich auch deren Aussehen eine Rolle. Dennoch sind gewisse technische Parameter zu berücksichtigen: ein schönes Lochblech schützt eine barrierefreie Schwelle bzw. den Sockel nicht ausreichend gegen Spritzwasser und erreicht nicht immer den notwendigen freien Querschnitt. Deshalb sind eindeutig Maschenroste zu empfehlen. Die Erfahrung spricht für Maschengrößen von etwa 30 x 10 mm, wobei die Längsseite der Masche quer zur Hauptlaufrichtung liegen sollte. Schmutzvliese haben hier nichts zu suchen, denn sie stellen eine erhebliche Einschränkung des gesamten Systems dar und können sogar dessen Versagen herbeiführen.

Die regelmäßige Reinigung des Entwässerungssystems muss gewährleistet sein. Entsprechende Revisionsöffnungen müssen deshalb zugänglich, leicht zu öffnen und sicher wieder zu schließen sein.

Türschwellen und Eingangstufen sorgten einst dafür, dass auch bei einem Jahrhundertregen das Wasser keine Hausbesuche machen konnte

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