Wohnungsbau

Aus Holz gebaut

Die technischen, ökologischen und gestalterischen Möglichkeiten des Baustoffes Holz gewinnen im Wohnungsbau an Bedeutung. In Isny wurde ein viergeschossiges Gebäude in Holzbauweise mit Passivhausstandard errichtet.

Die Stadt Isny liegt im Allgäu und will energieautark werden. Ziel ist, den bisher vorherrschenden Einsatz fossiler Energieträger auf lokale, erneuerbare Energien umzustellen und gleichzeitig die Energieeffizienz zu steigern. Energieversorgung von Isnyern für Isnyer lautet das Motto. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die Kommune den Bau eines energieeffizienten mehrgeschossigen Wohngebäudes in Holzbauweise mit Passivhausstandard unterstützte.

Bauherr war die Jarde Holzbau GmbH, Gestratz. Das Unternehmen realisiert überwiegend Ein- und Zweifamilienhäuser in Holzrahmenbauweise und ist Mitglied von ZimmerMeisterHaus, einer Vereinigung mit bundesweit 90 selbstständigen Holzbau-Manufakturen. Die Gruppe baut verstärkt nachhaltige, kostenfreundliche und langlebige mehrgeschossige Gebäude und befasst sich seit fünf Jahren intensiv mit der Weiterentwicklung des mehrgeschossigen Holzwohnbaus.

Bei dem Bau des Wohngebäudes in Isny schlug Jarde Holzbau in mehrfacher Hinsicht neue Wege ein. Zum einen agierte das Unternehmen als Bauträger, zum anderen entwickelte es dafür eine individuelle Brandschutz-Ausführung. Gemäß der Gebäudeklasse 4 der Landesbauordnung Baden-Württemberg verwendete man ausschließlich nichtbrennbare Dämmstoffe. Für die brandschutztechnisch wirksame Bekleidung der Holzkonstruktion setzte man Gipsfaser-Platten ein. Die Wahl der Materialien ist Programm: Stahlbeton im Treppenhaus und Liftschacht, alles andere in bewährter Holzkonstruktion. Jarde Holzbau legt besonderes Augenmerk auf einheimische Hölzer, natürliche Oberflächen und besonders viel Sonneneinstrahlung. So sind alle großen Fenster im Gebäude nach Süden ausgerichtet, das Treppenhaus dagegen zur Minimierung der thermischen Verluste im Norden angelegt.

Matthias Jarde und sein Team konzipierten das Gebäude speziell für die Ansprüche der Personengruppe 50 Plus. „Wir haben hohen Wert auf die Grundsätze des barrierefreien Bauens gelegt“, sagt er, „um eine lange Nutzung der Wohnung und des Hauses für die Eigentümer allein und ohne fremde Hilfe zu ermöglichen.“ Den Blick für das Wesentliche teilt er mit dem beteiligten Architekten Erwin Keck aus Ochsenhausen, der sich auf den Passivhausstandard in Holzbauweise spezialisiert hat. Das viergeschossige Mehrfamilienhaus verfügt über eine Grundfläche von 270 m2 und beherbergt acht Wohnungen, jeweils zwei pro Etage. Aus der Tiefgarage gelangt man direkt in die gewünschte Etage, zusätzlich stehen oberirdische Stellplätze zur Verfügung. Elektrische Jalousien und Roll­läden sowie die Türsprechanlage mit Video-Funktion bieten Sicherheit und besonderen Komfort.

Alle Einheiten haben Fußbodenheizung mit Einzelraumregelung für optimale Wärmeverteilung und Behaglichkeit erhalten. Die Bewohner schätzen zudem die Vorteile des Standortes: zentral gelegen – Stadtzentrum, Ärzte und auch Supermärkte sind gut zu Fuß erreichbar.

Vorteilhaft sind bei diesem Bauvorhaben die fünf- bis sechsfach geringeren Kosten für Heizung und Warmwasser – im Vergleich zum gesetzlichen Mindeststandard. Der Einsatz von thermischer Solaranlage und Photovoltaik erhöht den Anteil der regenerativen Energien erheblich und erreicht damit nahezu energetische Autarkie. Zum guten Klima trägt auch die automatische Be- und Entlüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung bei. An kalten Tagen sorgt eine Holzpellet-Heizung zusätzlich für wohlige Wärme.

„Die Vorteile der Holzbauweise sehe ich in der Reduzierung des Energiebedarfs, der zeitsparenden Vorfertigung der Bauteile und in der heimischen Wertschöpfung“, erläutert Matthias Jarde. „Die Nachhaltigkeit des nachwachsenden Rohstoffs ist ohnehin unschlagbar.“

Die Hybridbauweise aus Holz und Beton verbindet die positiven Eigenschaften beider Systeme.

Treppenhaus und Liftschacht bestehen aus Stahlbeton.

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