Attraktiven Wohnstandort aus dem Dornröschenschlaf holen

Mit dem KfW-Programm „Energetische Stadtsanierung“ hat die Stadt Ostfildern die Chance ergriffen, für ihren Stadtteil Parksiedlung ein integriertes Quartierskonzept zu erarbeiten. Die Ziele sind, den Energiestandard deutlich anzuheben und gleichzeitig die Lebensqualität für Jung und Alt zu verbessern.

Das Institut für Stadtplanung und Sozialforschung Weeber+Partner hat im Auftrag der Stadt Ostfildern und mit Einbeziehung aller relevanten Akteure und Betroffenen ein integriertes Entwicklungskonzept für die Parksiedlung erarbeitet. Schwerpunkte sind die energetische Gebäudesanierung und effiziente Lösungen zur Energieversorgung. Gleichzeitig werden alle städtebaulichen, baukulturellen, wohnungswirtschaftlichen und sozialen Aspekte im Quartier mit einbezogen.

Potenziale der Parksiedlung

Der besondere Charme des Ostfilderner Stadtteils Parksiedlung liegt in seiner reizvollen Lage am Neckartalrand und in der jahrzehntelang gewachsenen Durchgrünung. Eigentlich befindet man sich mitten im Ballungsgebiet von Stuttgart, gleichwohl hat man hier den Eindruck, fernab des schnelllebigen Trubels der Großstadt zu sein. Die ursprüngliche städtebauliche Konzeption nach dem Ideal einer Siedlung der 1950er Jahre mit Licht, Luft, Sonne und viel Grün mit dem Geschosswohnungsbau in der Mitte und den meist kleineren Einfamilienhäusern am Rand ist bis heute nahezu unverändert geblieben. Nur an wenigen Punkten wurde nachverdichtet. Auslöser der damaligen Neubebauung war die Wohnungsnot aufgrund der vielen Flüchtlinge und Vertriebenen nach dem zweiten Weltkrieg.

Auf 45 ha leben heute etwa 2700 Einwohner in rund 1600 Wohnungen, etwa 55 % davon in Reihenhäusern, die anderen in Mehrfamilienhäusern in Zeilenbauweise mit Miet- und Eigentumswohnungen. In der Parksiedlung wohnen überdurchschnittlich viele ältere Menschen, gleichzeitig findet seit einigen Jahren ein Generationenwechsel statt. Damit entstehen neue Anforderungen: für die älteren und weniger mobilen Menschen der Abbau von Barrieren und die Sicherung einer erreichbaren Nahversorgung, für die zuziehenden jungen Familien attraktive öffentliche Angebote für Bildung, Betreuung und Freizeit.

Bislang gab es wenig Entwicklungsdynamik, so dass in der Parksiedlung erheblicher Sanierungsbedarf zur Verbesserung der Energieeffizienz besteht. Im Geschosswohnungsbau wurden erste energetische Sanierungsmaßnahmen durchgeführt. Die Wohnungsunternehmen sind interessiert, dass ihre bislang sehr gut vermietbaren Wohnungen auch für zukünftige Mieter attraktiv bleiben. Die Reihenhäuser entsprechen in Bezug auf Wärmedämmung und Energieverbrauch selten heutigem Standard. Der Eigentümerwechsel bei Reihenhäusern bietet für die Gebäudesubstanz große Chancen, denn im Zusammenhang mit dem Erwerb ist die Bereitschaft zu investieren häufig besonders hoch.

Akteursbeteiligung von Anfang an

Die Eigentümer am lokalen Wohnungsmarkt – der Reihenhäuser, Wohnungseigentümergemeinschaften und Wohnungsunternehmen – wurden frühzeitig in die Konzeptentwicklung einbezogen, um sie für die spätere Um­­setzungsphase zu gewinnen.

Vertreter der Stadtverwaltung, Wohnungsunternehmen, Energieversorger, Bürgerverein und Kirchengemeinden bildeten als „Steuerungskreis“ das zentrale Gremium in der Konzeptphase. Bei regelmäßigen Ar­­beitsgesprächen wurden Ziele und Zwischenergebnisse diskutiert und wichtige Projektschritte vorbereitet. Der Steuerungskreis hat zum Informationsaustausch und zur Vertrauensbildung unter den Akteuren we­­sentlich beigetragen. So wurde hier die Idee für ein mögliches Wärmenetz mit Blockheizkraftwerk geboren und die Grundlage für weitere Sondierungsgespräche zwischen den Wohnungsunternehmen und den Stadtwerken geschaffen.

Mit den Hausverwaltungen und Verwaltungsbeiräten der Wohnungseigentümergemeinschaften hat man sich zu einer gesonderten Gesprächsrunde getroffen. Wie auch die Erfahrung aus anderen Projekten zeigte, waren hier die Überlegungen hinsichtlich energetischer Sanierung noch nicht sehr weit gekommen. Aufgrund der vielen unterschiedlichen Eigentümer und ihrer verschiedenen Interessen ist der Entscheidungsprozess für Wohnungseigentümergemeinschaften besonders kompliziert. Der Sanierungsbedarf ist dementsprechend hoch. Es gibt Wohnungseigentümer, die gar keinen Bedarf sehen, andere haben kaum finanzielle Mittel, wenige haben an einem energetischen Ge­­samtkonzept Interesse. Insgesamt gesehen ist bei Wohnungseigentümergemeinschaften der Beratungsbedarf besonders hoch.

Die kleinteilige Eigentümerstruktur in den Reihenhäusern legt übergreifende Sanierungsstrategien nahe, die aber nur in einem längeren Prozess zum Tragen kommen können. Daher ist die Kommunikation mit den vielen privaten Eigentümern ein besonders wichtiger Baustein. Ein öffentlicher „Energietag“ mit Vorträgen und Informationsständen diente dazu, ins Gespräch zu kommen. Das Interesse war groß, 110 Bürger der Parksiedlung kamen zur Abendveranstaltung rund um die Themen Klimaschutz, Sanieren und Finanzierung.

Integriertes Handlungskonzept: Umsetzung durch das Sanierungsmanagement

Im integrierten Handlungskonzept wurden sowohl übergeordnete Entwicklungsziele definiert als auch konkrete Maßnahmen beschrieben. Das nun einzurichtende „Sa­­nierungsmanagement“ soll die zentrale Projektsteuerung für die energetische Sanierung der Parksiedlung übernehmen. Die Arbeit wird von der KfW – wie schon das Sanierungskonzept – bezuschusst und um­fasst im Schwerpunkt Beratung (teilweise auch Energieberatung), Koordination einzelner Sanierungsprojekte und Öffentlichkeitsarbeit. Die ver­­schiedenen Ziel­gruppen sollen angestoßen und unterstützt werden:

– Bei den Reihenhauseigentümern stehen eine Intensivierung und auch Förderung der Energieberatung, Informationsveranstaltungen vor Ort und die Begleitung von Konvoi-Sanierungen im Vordergrund.

– Die Themen für die Wohnungsunternehmen sind vor allem Wärmeversorgung, Heizungsoptimierung, Mieterinformation und ergänzender Neubau.

– Bei den Woh­­nungs­­ei­­gentümergemeinschaften sind Kontakte zu den Haus­­verwaltungen als zentraler Motor für energetische Sanierungen wichtig und sie brauchen spezifische Information und Beratung, zum Beispiel zur Erarbeitung von Instandhaltungsplänen und Umstellung von dezentraler zu zentraler Wärmeversorgung.

Die weiteren Handlungsfelder betreffen öf­­fentliche und kirchliche Gebäude, das Gewerbe, Stadtgestalt und öffentlichen Raum sowie Mobilität und Nahversorgung.

Weiter im direkten Gespräch mit den Eigentümern

Unmittelbar anschließend an die Konzeptphase haben die Stadt und Weeber+Partner – aufbauend auf dem erfolgreichen ersten Energietag – die Reihenhauseigentümer zu vertiefenden Energiegesprächen eingeladen. Es ist sehr gut angekommen, dass konkrete Informationen vorgestellt wurden und die Eigentümer ihre Fragen stellen und sich über ihre Sanierungserfahrungen austauschen konnten. Die Themen lauten beispielsweise „So habe ich saniert – Eigentümer stellen ihr Haus vor“ und „Wie am besten heizen – Systeme und Energieträger“. Hierbei sollen nicht nur die (abstrakten) Begriffe Klimaschutz, Energieeffizienz oder Wirtschaftlichkeit in die Öffentlichkeit getragen werden. Viel anschaulicher war es, auch über individuelle Bedürfnisse zum Wohnkomfort, die Praxisprobleme bei der Durchführung einer Sanierung sowie Kosten und Nutzen zu sprechen. Für die Eigentümer war auch die Verantwortung gegenüber der nächsten Generation ein Thema.

Der besondere Charme des Ostfilderner Stadtteils Parksiedlung liegt in seiner reizvollen Lage am Neckartalrand und in der jahrzehntelang gewachsenen Durchgrünung.

Die Reihenhäuser entsprechen in Bezug auf Wärmedämmung und ­Energieverbrauch selten heutigem Standard.

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